Deutschland stellt das jüngste Team dieser EM, ohne dass sich deswegen Sorgenfalten breit machen: Das erfolgreiche Abschneiden in Gruppe C sowie im weiteren Turnierverlauf sollte dem Turniermitfavoriten sicher sein. Polen erscheint in der Gruppe C als härtester Widersacher, Nordirland und die Ukraine müssen als Außenseiter gesehen werden.
Ein gutes Pferd springt nur so hoch wie es muss. Unter diesem Motto kann man die doch sehr durchwachsene Länderspiel-Bilanz der Deutschen nach dem WM-Erfolg werten, die u.a. mit ziemlich unerwarteten Niederlagen gegen die USA, Irland, der Slowakei und auch dem EM-Gruppengegner Polen durchsetzt war. Natürlich schmerzen die Ausfälle von Marco Reus und Karim Bellarabi; auch dass Antonio Rüdiger als erfahrener Abwehrrecke nicht zur Verfügung steht, ist unerfreulich. Dennoch bietet Joachim Löw einen Kader auf, dessen Turnierziel nur der Titel sein kann. Während im Mittelfeld und auf der Torwart-Position personelle Konstanz angesagt ist, ist mit Spannung zu erwarten, wie sich die Umstellungen in Abwehr (vorerst ohne Hummels) und Angriff (Gomez) auswirken. Absolut begrüßenswert ist Löws Entscheidung, die Youngster Brandt, Weigl, Sané und Kimmich mit zu nehmen.
Der erste Gruppengegner der Deutschen ist die Ukraine, die sich erstmals, mit sehr viel Mühe, über eine Qualifikation ihre EM-Teilnahme sicherte. Die Testspielergebnisse der Mannschaft von Trainer Mikhail Formenko waren zuletzt durchweg positiv - ob das Team jedoch mit einem Widersacher vom Kaliber des Weltmeisters (im Turniermodus) mithalten kann, ist höchst fraglich. Immerhin spricht für die Ukrainer, dass sie in der Quali nur vier Gegentore einfingen. Ihre höchstdotierten Spieler sind indes nicht in der Abwehr, sondern in der Offensive zu finden: die Flügelspieler Andriy Yarmolenko und Evgen Konoplyanka. Im Kader findet sich auch ein Ex-Bayernspieler wieder: Anatoliy Tymoshchuk. Der 37-Jährige Mittelfeldspieler steht derzeit in Kasachstan (FK Qairat Almaty) unter Vertrag.
Auf Robert Lewandowski ruhen die größten Hoffnungen der Polen. „Ich würde Robert für keinen Spieler der Welt eintauschen, nicht mal für Messi oder Cristiano Ronaldo“, hebt Trainer Adam Nawalka den Wert Lewandowskis für die Mannschaft hervor. Aber der international begehrte Bayern-Stürmer ist nicht der einzige Akteur im Trikot der Weiß-Roten, die auf ein hohes Maß an Können, Robustheit und internationaler Erfahrung zurück greifen können. Trainer Nawalka rekrutierte seine Auswahl weitestgehend mit Spielern aus der Bundesliga, der englischen Premier League, Italiens Serie A und der spanischen Primera Divison. Greift bei den Polen ein Rädchen ins andere, ist der Weg bis zumindest ins Halbfinale nicht illusorisch.
Einen für die Moral nicht unwichtigen Rekord hält Nordirland vor seinem EM-Start: Michael O´Neill´s Auswahl ist seit zwölf Spielen ungeschlagen - länger als jeder andere aktuelle EM-Teilnehmer. Vor dem Auftaktspiel gegen Polen bricht O´Neill eine Lanze bezüglich der Qualität seiner Abwehr. „Lewandowski ist, meiner Meinung nach, einer der beiden besten Stürmer der Welt. Aber man sollte bedenken, dass wir drei zentrale Abwehrspieler aus der Premier League im Team haben, die Woche für Woche gegen hochklassige Stürmer wie Olivier Giroud oder Diego Costa spielen. Ich glaube kaum, dass unsere Inneverteidiger davon eingeschüchtert sind, gegen Lewandowski zu spielen.“ Damit meint O´Neill die Spieler Jonny Evans, Gareth McAuley and Craig Cathcart.
Die Nordiren sind, wie die Ukrainer, schon sehr zufrieden mit der Turnierteilnahme. Ein eventueller Sprung ins Achtelfinale wäre für beide ein Riesenerfolg.
Er spielte ohne Tal und Fehdel.
— Jochen Hageleit