Kein Druck auf England

von Günther Jakobsen17:56 Uhr | 11.06.2016
Dreh- und Angelpunkt der Waliser: Gareth Bale

Englands Nationalelf wurde nicht hochgejubelt, wie sonst vor großen Turnieren üblich. Dieser Fakt trägt auch dazu bei, dass die Briten bei dieser EM weit kommen könnten. Wales und die Slowakei - beide erstmals in einer EM-Endrunde dabei - sowie die Russen komplettieren die Gruppe B.

Das Zentralgestirn der Gruppe B ist zweifellos die seit 2012 von Roy Hodgson gecoachte Englische Nationalmannschaft. Die Three Lions, die sich seit Jahrzehnten fast immer mit überzeugenden Resultaten für die großen Turniere qualifizierten, dort angekommen jedoch ebenso häufig früh scheiterten, haben bei dieser EM gute Voraussetzungen auf ein zufrieden stellendes Abschneiden, sprich: das Halbfinale wäre keine Überraschung. Das Team stellt eine gute Mischung aus erfahrenen und jungen hungrigen Spielern dar. Sollte Wayne Rooney - wie Schlussman Joe Hart ein ein Fixpunkt - sein Potenzial ausschöpfen und mit den aufstrebenden Jamie Vardy und Harry Kane eine funktionierende Angriffsachse bilden, verfügen die Engländer über eine beachtliche offensive Schlagkraft.

Die Gruppengegner sind ein gutes Stück davon entfernt, ein ähnlich offensiv ausgerichtetes und dominantes Spiel aufziehen zu können. Wales und die Slowakei bevorzugen ohnehin eine defensive Grundhaltung. Russland ist schwerer einzuschätzen. Die langen Jahre des Experimentierens mit ausländischen Trainern (Hiddink, Advocaat, Capello) hat die Russen nicht weitergebracht; nun soll Leonid Slutskiy die Sbornaja wieder international in die vordere Reihe führen. Da offensichtlich die herausragenden Spielerpersönlichkeiten fehlen, setzt man auf Blockbildung. ZSKA Moskau und Zenit St. Petersburg stellen im Wesentlichen den russischen Kader.

Ein Highlight der Gruppe B dürfte das Spiel der Engländer gegen den Nachbarn Wales werden, der erstmals bei einer EM dabei ist. Ganz besondere Aufmerksamkeit genießt in diesem Zusammenhang Gareth Bale, der walisische, bei Real Madrid unter Vertrag stehende Hochgeschwindigkeits-Sprinter. Seinen sportlichen Aufstieg feierte Bale in der Premier League (Tottenham Hotspur). Trotz der Möglichkeit, international für England spielen zu können - aufgrund eines Großelternteils - zog Bale diese Option nicht in Betracht: „Ich würde niemals für England spielen. Auch wenn ich deshalb vielleicht niemals ein Turnier erreicht hätte.“ Seine sportliche Qualitäten, sowie die nachbarschaftliche Rivalität, könnten diesem Duell besondere Schärfe verleihen.

Ihren Moment des Ruhms genossen die Slowaken in der EM-Qualifikation, als sie Spanien mit 2:1 bezwangen. Die Torschützen Miroslav Stoch und Juraj Kucka stehen natürlich auch im Kader, den Jan Koszak für Frankreich berief. Der unangefochtene Star ist jedoch der seit Jahren in der italienischen Serie A aktive Marek Hamsik, dessen Qualitäten im offensiven Mittelfeld liegen. Rund um Hamsik herum hat sich allerdings ein Kollektiv entwickelt, das mit seinem Einsatzwillen und seiner Kompaktheit jeden Gegner ärgern kann. Die Gruppenphase muss für die Slowakei bei ihrer ersten EM-Teilnahme keinesfalls die letzte Station sein.



Das schaue ich mir gar nicht erst an, da warte ich einfach nur, bis in Köln gehupt wird.

— Stefan Raab über das WM-Spiel Türkei gegen Senegal