Das ohnehin aufgeladene Spiel verkam vom Anpfiff weg zur Wasserschlacht, weil ein biblischer Dauerregen den Platz unterspülte. Besser zurecht kam zunächst damit die Schweiz. Wie aus dem Nichts glichen die Türken das 1:0 aber aus und kamen noch in der Nachspielzeit zum Grauen der Heimelf gar zum Siegtor. Als erstes Team des Turniers strichen die Eidgenossen somit vorzeitig die Segel.
Die Schweiz war nicht nur fehlgestartet und als Ausrichter gehörig unter Druck, sondern personell noch böse geschwächt, da zusätzlich zu Kapitän Frei auch Sturmkollege Streller ausfiel. Mit Yakin und dem jungen Derdiyok kam so ein ganz neuer Angriff zum Einsatz - neben Gökhan Inler also zwei weitere Schweizer mit türkischen Wurzeln. Alle Taktik oder Umgewöhnungszeit waren schon bald jedoch fast ebenso hinfällig wie die Ereignisse im Quali-Spiel von Istanbul, wo es 2005 zwischen beiden Teams zu Ausschreitungen gekommen war. Denn fast mit dem Anpfiff begann es wie aus Kübeln zu regnen, was aus der Schlüsselpartie eine schiere Wasserschlacht werden ließ. Stärker am Ball schienen zunächst noch die Türken. Je tiefer der Boden aber wurde desto mehr kippte das Spiel zugunsten der Schweiz, die nach 22 Minuten durch einen strammen Yakin-Schuss zur ersten Torchance kam, ehe auch Barnetta den aufmerksamen Volkan zu einer Parade zwang (25.). Mit einem echten Hochkaräter meldete sich dann auch die Türkei zu Wort, als Benaglio einen Nihat-Eckball unterschätzte und Ardas Kopfball vom Fünfer noch den Pfosten touchierte (31.). Dennoch: Die erste Halbzeit gehörte klar der Schweiz, weil sie läuferisch überragte und alles investierte, um so schnell wie möglich in Führung zu gehen. Nach einer halben Stunde gelang dies dann tatsächlich, als ein langer Ball von Senderos bei Derdiyok landete, dieser blitzschnell an Volkan vorbeikam und mit Verstand in die Mitte zu Yakin weiterspielte. Unbedrängt tickte dieser den Ball aus einer Pfütze ins Tor und hätte kurz darauf fast das 2:0 noch draufgelegt, als er nach einem Servet-Patzer erneut völlig freistand. Mit dem 0:1 zur Pause waren die Türken somit recht gut bedient.
Mit Wiederbeginn hatte das Wetter sich wieder beruhigt und mit ihm auch der Sturmdrang der Heimelf; eine Viertelstunde lang passierte beinahe nichts. Umso jäher wurde die Stille indes unterbrochen, indem Nihat von der linken Seite flankte und Sentürk, genau wie Topal zur Pause eingewechselt, per Kopf auch tatsächlich ins Tor traf – ohne jede Ankündigung hatte das Terim-Team den Rückstand egalisiert (57.). Dem Spiel tat der Treffer nur gut, zumal die Kugel mittlerweile erheblich besser lief, ein Großteil des Regens nun versickert war. Vor allem die Schweiz nahm ihr Schicksal wieder in die Hand und drängte auf ein Tor. Da auch für die Gäste ein Remis nicht sonderlich hilfreich war, ging es dann bald Schlag auf Schlag. Magnin (61.), der Schweizer Kapitän, und Derdiyok (64.) vergaben vor Volkan, worauf per Konter dann beinahe das 1:2 fiel, da Nihat eine Tuncay-Flanke um eine Fußlänge nicht mehr erreichte (72.). Die Türkei war jetzt richtig gut dabei und auch kämpferisch endlich voll auf der Höhe, hatte großen Anteil an diesem hochspannenden und meistenfalls fairen Duell. Zwei enge Szenen sollten das Spiel dann entscheiden. Zunächst standen die Fans auf ihren Sitzen, als die Eidgenossen in einem Konter gleich mit vier Mann aufs türkische Tor zuliefen. Yakin aber vergab die große Chance und machte damit erst möglich, dass auch die Türken noch einen Matchball erhielten und diesen, mit Hilfe der Fortuna, auch verwerteten: Einem Arda-Schuss aus 17 Metern gab Patrick Müller noch einen entscheidenden Drall, so dass Benaglio den Ball nicht mehr aufhalten konnte. In der letzten Minute des Spiels entschied die Türkei den dramatische Kampf so glatt noch für sich und wahrte alle Chancen für das weitere Turnier. Für die Gastgeber indes, die bei einem Remis zumindest noch hätten hoffen dürfen, nahm die eigene Veranstaltung ein tragisches Ende.
Maik Großmann
Das ist egal, auf welche Kappe das geht. Scheißegal. Nächste Frage bitte.
— Bayer Leverkusens Torhüter Lukas Hradecky im Sky-Interview auf die Frage, ob das 1:1 auf seine Kappe gehe oder auf die von Jonathan Tah...