Auf der Suche nach einem Favoriten in Gruppe B muss auch England ganz oben stehen. Siege über die USA und Schweden in den letzten Vorbereitungsspielen sind ein eindeutiges Indiz dafür, dass die Damen von der Insel im internationalen Spitzenfußball angekommen sind – nach Jahren der Enttäuschung und wenig Unterstützung aus dem eigenen Land.
England, das Land, in dem der Fußball seinen Einzug in die ganze Welt startete, Dauergast bei Weltmeisterschaften der Herren, von der internationalen Bühne nicht wegzudenken. Im Gegensatz dazu wurde der Frauenfußball auf der Insel lange Zeit vernachlässigt und, wie so oft, belächelt. Die Liga der Damen spielte vor sich hin, die Jugend wurde ungenügend gefördert, wer auf internationalem Niveau spielen wollte, ging ins Ausland. Doch in den letzten Jahren fand ein Wandel statt. Der Frauenfußball wurde mehr und mehr akzeptiert und unterstützt, eine semi-professionelle Liga ist in der Planung und auch die Nationalmannschaft hat sich in den Kreisen der Weltelite eingemischt. Passend zu dieser Entwicklung zeigen sich die Auftritte der Damen Englands bei internationalen Turnieren: Konnte man die WM-Teilnahme 1995 (Aus im Viertelfinale) und die EM-Finalteilnahme 1984 noch auf die in den Kinderschuhen stehende Entwicklung der Konkurrenz und individuelle Klasse einzelner Spielerinnen zurückführen, waren die Engländerinnen bis zur WM 2007 nicht mehr in der Lage, sich für eine Weltmeisterschaft zu qualifizieren – die Gegner auf europäischer Ebene hatten sie überholt. Vor allem jedoch die Spielerinnen, die den Sprung in die USA gewagt hatten, brachten England wieder ins Gespräch, auch wenn 2007 erneut nur das Viertelfinale erreicht werden konnte. Bei der Europameisterschaft 2009 schafften die Engländerinnen den Einzug in das Finale, verloren dort zwar deutlich gegen Deutschland (2:6), sie zeigten jedoch, was sie zu leisten imstande sind.
Die Qualifikation zur WM 2011 gestalteten die Damen der „Three Lions“ souverän. In einer Gruppe mit Spanien (1:0, 1:1), Österreich (3:0, 4:0), der Türkei (3:0, 3:0) und Malta (8:0, 6:0) zog man ohne größere Probleme in die Play-Off-Runde ein. Dort wurde die Schweiz mit 2:0 und 3:2 besiegt, was die direkte Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Deutschland bedeutete. Neben Coach Hope Powell, die seit 1998 die Nationalmannschaft betreut, sollte jedem Frauenfußballfan der Name Kelly Smith ein Begriff sein. Die 32-jährige Stürmerin der Boston Breakers ist mit 104 Länderspielen eine der erfahrensten Spielerinnen im Team und mit 43 Treffern Rekordtorschützin ihres Landes. Unterstützt wird sie im Angriff von Rachel Yankey (31, Arsenal L.F.C.), die Smith mit 109 Länderspielen an Erfahrung sogar noch übertrifft. Die Nachwuchsspielerinnen Jessica Clarke (22, Lincoln L.F.C.) und Ellen Smith (22, Arsenal L.F.C.) komplettieren die starke Offensive. Im Mittelfeld ziehen Faye White (33, Arsenal L.F.C.) und Fara Williams (27, Everton L.F.C.) die Fäden, in der Defensive hat Alex Scott (26, Boston Breakers) das Sagen.
England tritt mit einem Team an, das vor Selbstvertrauen nur so strotzt und das zu Recht. Durch den Aufschwung der englischen Liga sind die meisten Spielerinnen in der Heimat aktiv und auch in der Champions League erfolgreich. Zwar erreichte weder Arsenal (Aus im Halbfinale), noch Everton (Aus im Viertelfinale) das Endspiel um die europäische Krone, doch das gute Abschneiden beider Teams zeigt, dass mit England auf Vereinsebene zu rechnen ist. Dies kommt natürlich der Nationalmannschaft zugute. Platz zehn in der FIFA-Weltrangliste ist ein weiterer Beleg für die Stärke Englands, die sich auf dem Platz durch eine Mischung aus internationaler Erfahrung, individueller Klasse, guter Technik und ehrgeizigem Nachwuchs zeigt. In der jetzigen Verfassung muss mit England zu rechnen sein, ein Platz unter den Top vier wäre der Lohn für die Entwicklung der letzten Jahre.
Lisa Ramdor
Wenn man glücklich ist in der Ehe, verlässt man ja auch nicht seine Frau.
— Gertjan Verbeek Gertjan Verbeek auf die Frage, warum er die Startelf acht Spieltage in Folge unverändert lässt