England noch nicht titelverdächtig

von Günther Jakobsen16:58 Uhr | 10.06.2006

Trotz subtropischer Temperaturen konnte Paraguay den Briten in Frankfurt niemals die Stirn bieten. Zwei Unglücke in der Anfangsphase brachten die Südamerikaner früh ins Hintertreffen; danach war den nicht brillanten, aber robusten Briten nicht mehr beizukommen.

Paraguay hatte die Mittellinie noch nicht überschritten, da führten die Briten bereits mit 1:0. David Beckham schlenzte eine Freistoßflanke in den Strafraum, und aus einer Kopfballtraube heraus senkte sich die Kugel ins lange Eck. Torschütze: der Paraguayer Gamarra (3.). Damit noch nicht genug für die Südamerikaner. Drei Minuten später klatschte Keeper Villar beim Herauslaufen mit Michael Owen zusammen und musste gegen Bobadilla ausgetauscht werden; unter Tränen verließ Villar den Rasen. Paraguay hatte große Probleme, sich von all dem Ungemach zu erholen und bekam überhaupt kein Bein auf den Boden. In einer seiner ersten Aktionen behielt Bobadilla ohne Not einen gefangenen Ball zu lange in der Hand und schenkte England einen indirekten Freistoß, den Lampard in die Mauer knallte. Nach 18 Minuten dann der erste Torschuss Paraguays durch Paredes, kurz darauf musste Paul Robinson sich wirklich lang machen, als mit einem Distanzschuss geprüft wurde. England aber behielt die Zügel in der Hand und blieb durch einen Lampard-Schuss aus 20 Metern auch torgefährlich (23.). Die Briten waren immer einen Tick eher am Ball, zeigten stetig die Absicht, höher zu führen. Doch mit dem Abschluss haperte es. Auch wenn unzählige Flanken in Paraguays Strafraum geschlagen wurden, dümpelte der Rest der ersten Hälfte ein wenig dahin. Hätten nicht die englischen Fans bei jedem Doppelpass ein Feuerwerk abgebrannt, man hätte sich fast etwas langweilen können. Einzig ein Schlenzer von Beckham kam dem Tor noch einmal nah, setzte aber doch einen Meter daneben auf (43.).Aber auch Paraguay muckte noch kurz auf. Nelson Valdez setzte in der dritten Minute der Nachspielzeit einen Drehschuss knapp neben den Kasten.

Paraguay kam etwas mutiger aus den Katakomben, was nach 50 Minuten immerhin mit der ersten, wenn auch brotlosen, Ecke belohnt wurde. Es lag nicht zuletzt an den Briten, dass die Blauen nun stärker wurden, denn viele Unkonzentriertheiten führten zu völlig unnötigen Ballverlusten. Um ein Zeichen zu setzen, nahm Eriksson unvermittelt Michael Owen vom Feld; für ihn kam Stuart Downing vom FC Middlesbrough (56.). Gerade hatte Cole aus 20 Metern aufs Tor gedonnert, da griff Paul Robinson in guter englischer Tradition neben eine Flanke, ohne dass Paredes aber daraus Nutzen ziehen konnte (60.). Vier Minuten später tanzte Valdez zwei Abwehrspieler aus und schoss Robinson in die Arme. Englands Spielzüge wurden wieder etwas geschmeidiger, doch alles was dabei herauskam, waren Distanzschüsse wie jener von Lampard aus 18 Metern (73.). Paraguay lief die Zeit davon, und doch waren es eher die Briten, die das gegnerische Tor im Visier behielten. Einen weiterer Distanzschuss von Lampard faustete Bobadilla gerade noch zur Ecke (88.). Erst jetzt warf Paraguay alles nach vorn und belagerte verbissen den englischen Strafraum – allerdings gewaltig zu spät.

Maik Großmann



Dem Kampf gegen unsportliches Verhalten soll ja hier der Kampf angesagt werden.

— Heribert Faßbender