England - Nur ein Außenseiter

von Günther Jakobsen10:36 Uhr | 25.05.2012

Die englische Nationalmannschaft hat diesmal nichts zu verlieren. Denn die Erwartungshaltung auf der Insel vor der bevorstehenden Europameisterschaft ist so niedrig wie selten zuvor vor einem großen Turnier.

Das EM-Jahr begann für die Three Lions schon einmal schlecht. Wie vor zwei Jahren sorgte John Terry für Ärger. Diesmal hat er zwar keinem Teamkameraden die Frau ausgespannt, soll aber den Bruder des nicht für die EM nominierten Nationalmannschaftskollegen Rio Ferdinand, QPR-Profi Anton Ferdinand, rassistisch beleidigt haben. Ein diesbezüglicher Prozess wurde hinter das Turnierende terminiert (9. Juli). Der englische Fußball-Verband setzte wegen der Vorwürfe den Chelsea-Profi im Februar als Kapitän ab. Und der damalige Nationaltrainer Fabio Capello trat daraufhin von seinem Amt zurück - vier Monate vor Beginn der Europameisterschaft.

Drei Monate brauchten die Engländer, um einen Nachfolger zu präsentieren, und dann war es auch nicht der von allen gewünschte Harry Redknapp vom Fast-Champions-League-Teilnehmer Tottenham Hotspur, sondern zur Überraschung aller Roy Hodgson (West Bromwich Albion), der das Traineramt beim Weltmeister von 1966 übernahm. Die heimische Presse reagierte skeptisch auf die Berufung des 67-Jährigen, der in seiner Heimat als „Mister Durchschnitt“ gilt. Der „Guardian“ schrieb, dass Hodgson „eine Schockwahl ist“. Die „Times“ sprach von einem „Glücksspiel“.
Als wäre das nicht genug, müssen die Briten in den ersten beiden Spielen auch noch auf ihren wichtigsten Spieler verzichten. Angreifer Wayne Rooney wurde für die Partien gegen Frankreich und Schweden gesperrt, nachdem er im letzten Qualifikationsspiel in Montenegro (2:2) wegen einer Tätlichkeit die Rote Karte gesehen hatte. Sein Teamkollege von Manchester United, Danny Welbeck, darf sich die größten Hoffnungen machen, ihn zu vertreten.

Aber nicht alles war in den vergangenen beiden Jahren schlecht bei der englischen Nationalmannschaft. Die Qualifikation zur Europameisterschaft wurde souverän gelöst. Lediglich gegen Montenegro (0:0, 2:2) und zu Hause gegen die von Ottmar Hitzfeld trainierte Schweiz (2:2) konnten die Briten nicht gewinnen. Das traditionelle Torhüterproblem wurde ebenfalls in den Griff bekommen. Mit ManCity-Keeper Joe Hart hat der EM-Halbfinalist von 1996 zum ersten Mal seit den Zeiten von David Seaman wieder eine Nummer eins, die bei einem englischen Spitzenverein im Tor steht. Auch taktisch ist die Elf flexibler geworden. Die Engländer spielen nicht mehr wie bei der WM vor zwei Jahren im 4-4-2-System, sondern im 4-2-3-1. Gegen starke Gegner, wie im Testspiel gegen Spanien (1:0) im November 2011, könnten sie auch auf ein defensiveres 4-1-4-1 zurückgreifen.

Der amtierende Welt- und Europameister wäre ein möglicher Gegner für die Three Lions im Viertelfinale. Zuvor muss eine machbare Vorrundengruppe überstanden werden. Viertelfinale oder mit ein bisschen Glück das Halbfinale - mehr scheint für die englische Auswahl nicht möglich zu sein, auch wenn ihr neuer Trainer das hehre Ziel vom Titelgewinn ausgibt.

Mögliche Aufstellung: Hart - Johnson, Terry, Lescott, Cole - Parker, Lampard - Walcott, Gerrard, Young - Rooney (Welbeck)

Senthuran Sivananda



Unsere Tabellensituation hat sich über Weihnachten leider nicht verbessert.

— Dietmar Demuth, Trainer des Tabellenletzten FC St. Pauli, in der Winterpause 2001/2002.