Kommerz und Fußball, Kommerzialisierung des Fußballs – was wurde nicht alles schon geschrieben und behauptet. Jeder halbwegs kritische Stammtisch hat darüber gesessen. Die Lager sind gespalten, einig ist man sich vielleicht nur darin, dass es kein Entkommen gibt. Wer einmal auf den Zug aufgesprungen ist, verstummt und profitiert. Kritik unerwünscht. Mit kleinen Schritten hat es irgendwann begonnen, hat es Spiel und Sprache verändert. Einstige Sponsoren nennt man heute Premium-Partner.
Wie klingt das? „Bundestrainer Jürgen Klinsmann und sein Team haben es geschafft, eine positive Identifikation mit der jungen und sympathischen DFB-Elf herzustellen. Diesen Imagetransfer wollen auch wir nutzen“, sagte Walter Raizner, Vorstand Breitband/Festnetz bei der Deutschen Telekom AG. Punkt. Eigentlich ist alles gesagt, viel Erfolg möchte man wünschen, und hoffentlich kann die Nationalmannschaft aus dem Imagetransfer mit den jungen und sympathischen Bonnern wiederum ihren Nutzen ziehen.
Seit geraumer Zeit ist bekannt, dass die Telekom kräftig in die Bundesliga investieren will; und zwar nicht exklusiv in den Geldsäckel der Münchner Bayern, sondern zum Wohle aller 36 Profiteams. In der ersten Phase des Engagements wird zuvorderst der linke Ärmel okkupiert, fortan findet sich dort ein schicker Banner der Marke T-Com (Festnetz), vermutlich knapp oberhalb der Kapitänsbinde von – sagen wir mal – Oliver Kahn. Wobei wir schon beim ersten strittigen Punkt wären. Die Kritiker sehen darin eine überproportionale Präsenz des Sponsors. Die Brust der Bayernspieler ist nämlich schon in den Händen der Telekom. Es wird daher befürchtet, die Münchner könnten Vorteile aus der Doppel-Partnerschaft ziehen. Dazu kann beispielhaft die Länge der Interviews direkt nach dem Abpfiff gezählt werden. Also noch mehr Redezeit für Kahn und Co.? Mit leicht gedrehter Schulter, versteht sich.
Die Zahlen, die im Raum stehen, geben der antrainierten Skepsis weiter Nahrung. Die Liga erhält zwar mindestens 22 Millionen Euro pro Saison, was den Gesamtwert aller Einnahmen auf stattliche 442 Millionen erhöht. Die Gegner dieses Models trauen dieser Verlockung jedoch nicht und greifen zum eigenen Rechenschieber. Danach erhalten die Bayern ohnehin schon 17 Millionen Euro aus Bonn, ergo: 22 Millionen durch 36 ergibt eindeutig zu wenig für die anderen. Zu einfach sei diese Milchmädchenrechnung, sagen wiederum die Befürworter.
Und was meint die Liga? „Wir können mit Blick auf die komplizierten Ausschreibungsvorschriften ein positives Fazit ziehen. Die Liga erzielt ein Rekordergebnis und kann weiterhin Fußball auf hohem Niveau anbieten“, hatte Liga-Präsident Werner Hackmann bei der Verkündung der Zusammenarbeit erklärt. Der BFB? „Nichts geht bei uns ohne Kommunikation. Und dabei nutzen wir natürlich die Produkte und Leistungen der Telekom. Ich bin deshalb sehr froh, dass wir einen so starken Partner künftig an unserer Seite haben,“ erklärte Oliver Bierhoff, Manager der deutschen Nationalmannschaft.
Zur Saison 2007/2008 wird die zweite Phase der Übernahme eingeläutet. Dann spätestens wird die Deutsche Fußball Liga (DFL) um ein T-Kürzel ergänzt; wahlweise T-Com oder T-Mobile oder T-Online oder T-Systems oder schick und schlicht Telekom. Vom Basketball kennt man das schon, es brechen neue Zeiten an. Man darf sich der Entwicklung nicht in den Weg stellen, die Deutsche T-Systems Bundesliga - ähhm, ich meine doch die Telekom Deutschland Fußball Liga, egal, wird sich von einer kleinen Namensänderung schon nicht unterkriegen lassen. Seien wir doch ehrlich, der Fußball braucht das Geld. Und sollte mich zum Beispiel demnächst jemand fragen, ob ich nicht Lust hätte, zwischen meinen Vor- und Nachnamen eine kleine Werbebotschaft unterzubringen - ich sage sofort zu und kassiere ordentlich ab; denn billig bin ich nicht zu haben, wenn schon verkaufen, dann richtig.
Paul Linke/11Freunde-Redaktion
Ich bin mit der Zeit etwas gescheiter geworden, aber nicht gescheitert.
— Christoph Daum nach dem Abstieg mit Eintracht Frankfurt 2011.