Fast schon eine Kaffeefahrt

von Günther Jakobsen22:02 Uhr | 25.10.2012

Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler hatte vor dem Spiel noch gesagt, dass der Auswärtsauftritt bei Rapid Wien keine Kaffeefahrt werde. Doch die Österreicher straften den Aussagen des deutschen Altinternationalen mit einer leblosen Vorstellung Lügen. Bayer Leverkusen kam zu einem nie gefährdeten 4:0-Auswärtserfolg.

Sami Hyypiä, der mit Sascha Lewandowski das Leverkusener Trainerduo bildete, hatte unter Jupp Heynckes als Coach der Werkskicker seine aktive Karriere beendet und schien sich seinen Vor-Vorgänger als Übungsleiter zum Vorbild zu nehmen. Denn wie unter Heynckes vor zwei Jahren nutzten die Rheinländer die Europa League wieder mal als Bühne, um Spielern aus der zweiten Reihe eine Bewährungschance zu geben. Hosogai, Friedrich und Schwaab, die gegen Rapid in der Startelf standen, kamen in der Bundesliga zusammen auf bislang gerade einmal sieben Saisoneinsätze. Friedrich und Schwaab begannen schon in der Viererkette, in die nach zehn Minuten mit Hosogai auch der dritte neue Leverkusener im Vergleich zum vergangenen Ligaspiel gegen Mainz (2:2) rückte. Der Japaner ersetzte den etatmäßigen Linksverteidiger Kadlec, der sich schon in der vierten Minute verletzt hatte, als Ildiz ungestüm in den Tschechen eingestiegen war. Die auf gleich drei Positionen umformierte Bayer-Abwehr wurde jedoch im Wiener Ernst-Happel-Stadion nicht wirklich gefordert. Denn in der Anfangsphase agierten beide Mannschaften offensiv verhalten. Und danach waren es auch nur die Rheinländer, die im Angriff stattfanden. Ab Mitte der ersten Halbzeit wurde die Werkself druckvoller und erspielte sich Torchancen. Kießling hielt seinen Fuß in eine Bellarabi-Flanke, der Schuss flog rechts am Tor vorbei (28.). Vier Minuten später strich ein Distanzversuch von Lars Bender über die Latte. Aber lediglich weitere fünf Minuten später sorgte Wollscheid, der einzig Übriggebliebene aus der etatmäßigen Viererkette der Leverkusener, für die Führung. Nach einer Castro-Ecke köpfte der ehemalige Nürnberger die Kugel ins Tor.

Von Rapid ging keinerlei Gefahr aus - weder in der ersten noch in der zweiten Halbzeit. Direkt nach dem Wiederbeginn kontrollierten die Gäste aus Deutschland das Geschehen und hielten den Ball von der eigenen Gefahrenzone fern. Sie waren so überlegen, dass sich Schwaab dazu hinreißen ließ, den Ball am rechten Flügel an Drazan zu vertändeln und dann den Gegenspieler zu foulen. Nach dem anschließenden Freistoß schoss Gerson den Ball übers Tor (53.). Es sollte die einzige Möglichkeit der Österreicher zum Ausgleich bleiben. Denn stattdessen tauchte auf der Gegenseite Castro nach einem einfachen Doppelpass mit Lars Bender alleine vor dem gegnerischen Tor auf und schob zum 2:0 für Leverkusen ein (56.). Rapid war geschockt und kassierte nur zwei Zeigerumdrehungen später den dritten Gegentreffer hinterher. Gefühlt ein Dutzend Rapid-Verteidiger konnten Kießling und Schürrle den Ball nicht abnehmen. Über die beiden Offensivkräfte kam die Kugel zu Bellarabi, der mit einem Beinschuss gegen Rapid-Keeper Königshofer für das 3:0 sorgte. Bei den Alpenländern ging spätestens mit dem dritten Gegentor jegliche Ordnung in der Verteidigung verloren. Sie kamen nicht mehr in die Zweikämpfe, geschweige denn an den Ball. Wenige Sekunden nachdem die Rapid-Fans, die zwischenzeitlich der Vorstellung ihrer Mannschaft im wahrsten Sinne des Wortes den Rücken zugekehrt hatten, zur Schlussviertelstunde, der sogenannten „Rapid-Viertelstunde“, eingeläutet hatten, tauchte der ehemalige Dortmunder Amateur und jetzige Wiener Torjäger Boyd vor dem Tor der Deutschen auf. Aber sein Schuss strich am linken Pfosten vorbei (76.). Es fiel zwar ein weiterer Treffer, jedoch erneut für Bayer. In der Nachspielzeit passte der eingewechselte Junior Fernandes in den Rücken der Abwehr zu Castro, der nur noch zum 4:0-Endstand einzuschieben brauchte.

Senthuran Sivananda



Fußball spielt sich zwischen den Ohren ab. Da war teilweise Brachland, das neu bepflanzt werden musste.

— Rainer Bonhof