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Fußball, Psychologie und Sprache – Exkurs I

von dpa16.11.2005 | 13:07 Uhr

Die türkische Sprache hat sich insbesondere zu Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreicher Begriffe aus dem Französischen bedient und sie in den Alltagsgebrauch am Bosporus mit einfließen lassen. Dazu zählt unter anderen das kleine Wörtchen „Sürpriz“. Schön für den Linguisten, aber: hat das auch was mit Fußball zu tun?

Nun, sicherlich hat auf dem Istanbuler Flughafen gänzlich ohne Überraschung reine behördliche Sorgfalt dazu geführt, dass die Schweizer Nationalmannschaft am Montag bei der Einreise zum WM-Qualifikationsspiel geschlagene zwei Stunden in der Passkontrolle verbrachte. Zuvorderst soll der Wortwitz gestattet sein, dass gerade für Fußballspieler nichts wichtiger ist als eine vernünftige Passkontrolle und die langen Übungszeiten deswegen nur plausibel sind. Zweitens sei angemerkt, dass in Zeiten weltweiter terroristischer Bedrohung lieber jeder Reisende zweimal überprüft werden sollte, dafür herrscht uneingeschränktes Verständnis. Insbesondere dann, wenn der Reisegruppe jemand namens Tranquillo Barnetta angehört – das klingt schon so verdächtig. Was aber ist schon eine läppische Passkontrolle, wenn die Gefahr doch auch im Gepäck lauern könnte? Die türkischen Behörden gehen da voll auf Nummer sicher. Erst kontrollieren sie mit bloßem Auge auf Waffen und Wurfgeschosse (z.B. Armbrust, Apfel), um dann noch die Rauschgifthunde auf die versammelten Koffer der Eidgenossen loslassen. Es steht ein Spieler namens Cabanas im Schweizer Kader und zugegeben, das klingt schon ein bisschen nach Drogen. Zudem, es hätte für ausgesprochene Heiterkeit gesorgt, wenn sich der Schweizer Mannschaftsarzt bei seinen Jungs erkundigt hätte, wann man sie denn das letzte Mal so richtig durchgecheckt habe.

Das an die intensive Kontrolle am Flughafen anschließende Malheur mit dem Schweizer Mannschaftsbus, dem auf seiner Fahrt zum Hotel Begrüßungseier und –milchtüten entgegenflogen, haben die Sicherheitskräfte des Flughafens allerdings nicht verhindern können. Dafür wäre eigentlich die örtliche Polizei zuständig gewesen, die allerdings war nur spärlich vertreten – was auch zu verstehen ist. Schließlich gilt die Schweiz als sehr sicherheitsaffin, da wird doch wohl deren eigener Bus..., also wirklich? Und vor wem soll man denn hier wen schützen? Die Türkei liegt doch nur 0:2 hinten, dreimal einnetzen am Mittwochabend, der Schweiz spielerisch einen Riegel vorschieben und die Sache ist geritzt. Schikane? Nein. Neinnein. Überraschende psychologische Kriegsführung? Achwo, das haben die Türken gar nicht nötig. Wirklich nicht.

Am Dienstag übrigens bekam Ralph Zloczower, der Präsident des Schweizerischen Fußballverbands, Besuch von Levent Bicakci, seinem türkischen Kollegen. Bicakci hatte eine kleine Süpriz im Gepäck. Als Entschädigung für die Unannehmlichkeiten ließen die Türken allen Schweizer Spielern Blumen überreichen. Womit bewiesen wäre, dass die Welt eigentlich ein schöner Ort und Völkerverständigung möglich ist. Auch wenn es dafür manchmal recht rigider Einreisekontrollen bedarf. Dem Türkischen zumindest ist ein weiteres Lehnwort aus dem Französischen hinzuzufügen: „Merci!“

Jan-Christoph Poppe