Portugal demonstrierte gegen die Niederlande im Duell zweier technisch beschlagener Teams den Mehrwert von mannschaftlicher Geschlossenheit. Das 2:1 war hochverdient. Die Torgefährlichkeit der holländischen Angreifer kam nicht zum Tragen.
Portugal hatte nur eine Änderung vorgenommen: Pauleta für Nuno Gomez. Die Niederlande stellten gegenüber dem Viertelfinale auf zwei Positionen um: Bouma ersetzte den verletzten Frank de Boer und Overmars den formschwachen van der Meyde. Nach wenigen Minuten übernahmen die Portugiesen die Initiative, einmal mehr mit Luis Figo als treibender Kraft. Die fällige Führung indes resultierte aus einem Standard. Decos Eckstoß wurde von zwei holländischen Abwehrspielern verpasst, und der in die Lücke gesprintete Ronaldo köpfte sicher ein (26.). Kurz flackerte jetzt ein druckvolles Aufbäumen der Advocaat-Mannschaft auf, aus der zwei gute Chancen resultierten. Overmars vergab in der 29. Minute die riesige Ausgleichsmöglichkeit, als sein Volleyschuss aus zehn Metern über den Kasten zischte. Dann gelang es den Portugiesen wieder, das Spiel zu kontrollieren. Nach feinem Dribbling zirkelte Figo das Leder wenige Minuten vor der Halbzeit mit links noch an den Pfosten.
Advocaat wechselte Makaay (für Overmars) ein, stellte ihn jedoch auf die ungewohnte Rechtsaußen-Position, wo der Bayern-Profi seine Stärken nicht entfalten konnte. Portugal blieb Spiel bestimmend und überraschte die Niederländer mit einem ganz simplen Spielzug. Ricardos weiter Abschlag durch die Mitte erreichte ungehindert Mittelstürmer Pauleto, der frei auf Van der Sar zusteuerte, statt eines Hebers jedoch einfach draufhielt und am niederländischen Keeper scheiterte. Knapp fünf Minuten später war Hollands Abwehr erneut nicht im Bilde, und diesmal wurde die Unaufmerksamkeit bestraft. Die von Ronaldo kurz ausgeführte Ecke nahm Maniche auf, lief unbedrängt aufs Strafraumeck zu und schickte Roteiro (der EM-Ball) perfekt ins lange Eck (58.). Die Gegenangriffe der Niederländer ließen nicht lange auf sich warten, doch erst ein unglückliches Eigentor von Andrade, der mit langem Bein vor Van Nistelrooy „rettete“, machte die Sache wieder spannend (62.). Portugal ließ sich tiefer zurückfallen, was den Niederländern mehr Präsenz in der gegnerischen Hälfte bescherte. Klare Einschussmöglichkeiten blieben jedoch aus, da die Oranjes die Zielstrebigkeit einer eingespielten Mannschaft vermissen ließen. In der Schlussminute verpasste der laufstarke Deco freistehend gegen Van der Sar einen weiteren Treffer für die EM-Gastgeber. Das 2:1 ging jedoch vollauf in Ordnung, und führte zu Portugals erster Endspielteilnahme bei einem großen Turnier.
Es ist notwendig, die entsprechende Delikatesse zu wahren.
— FCK-Aufsichtsrats-Chef Dr. Robert Wieschemann in seinem legendären Auftritt im ,,Doppelpass" (DSF / SPORT1), 2002.