Schalke eilt seit der Inthronisierung von Trainer Ralf Rangnick von Sieg zu Sieg, Stuttgart musste nach acht Spielen ohne Niederlage zuletzt zwei Mal Federn lassen. Die gegenläufige Entwicklung führte beide Klubs auf Augenhöhe zusammen.
Kompakter VfB
Die Bundesligabilanz Schalkes gegen den VfB Stuttgart ist nicht die beste: 32 der insgesamt 68 Begegnungen entschieden die Schwaben für sich, lediglich 24 Mal siegten die Königsblauen. In der vergangenen Saison trennten sich die Kontrahenten nach nur mäßig interessanten Vorstellungen zweimal 0:0. Seitdem hat sich das Profil der Knappen allerdings erheblich geändert, unter anderem auch durch die Abwerbung des langjährigen Stuttgarter Abwehrchefs Marcelo Bordon. „Der VfB ist weiter ein kompaktes Team und deshalb auch erfolgreich“, erkennt der Brasilianer keine nachhaltige Schwächung seines Ex-Klubs.
Durchmarsch mit Rangnick
Bordons Start mit Schalke verlief schlecht (Platz 17 nach vier Spieltagen), was sicherlich in erheblichem Maße dem radikalen Umbau der Mannschaft zuzuschreiben ist. Dann die Wende: Mit dem neuen Mann auf der Trainerbank, Heynckes-Nachfolger Ralf Rangnick (von 1998-2001 beim VfB), eroberte Schalke zuerst die lokale Hoheit im kleinen Revier-Derby zurück (3:2 gegen Bochum), stürmte anschließend das Münchner Olympiastadion (1:0 gegen Bayern) und ließ sich auch von der Fröhlichkeit der Mainzer Spaßfußballerei nicht aus dem Konzept bringen (2:1). Der 2:0-Sieg in Nürnberg brachte den Anschluss an die Tabellenspitze, nur drei Zähler von Platz eins entfernt. Bis auf den noch nicht zufrieden stellend integrierten Ailton weist Schalke eindeutige Fortschritte auf dem Weg zu einer homogenen Einheit auf.
Fehlender Biss
Unter Matthias Sammer knüpfte der VfB Stuttgart fast nahtlos an die Leistung an, die dem Team in der vorigen Saison zurecht viel Anerkennung einbrachte. Eine - trotz des Weggangs von Bordon - nur schwer überwindbare Abwehr, mit der gut funktionierenden neuen Innenverteidigung Babbel/Stranzl, blieb ebenso ein Markenzeichen der Schwaben, wie ihr schnelles Umschalten in die Offensive und treffsichere Spitzen. Cacau mauserte sich zu einem Topgoalgetter, der den etatmäßigen Sturmführer Kevin Kuranyi entlastet, bzw. ersetzt. Bis zur ersten, überraschenden Saisonniederlage in Freiburg (0:2) schickte sich VfB-Keeper Timo Hildebrand an, wieder eine rekordverdächtige Serie ohne Gegentor hinzulegen. Stuttgart ließ in diesem Spiel allerdings den notwendigen Siegeswillen vermissen und büßte die Tabellenführung ein. Ein Erfolg über Bremen hätte diesen Ausrutscher korrigieren können, doch der VfB ließ sich von den entschlosseneren Gästen noch die Butter vom Brot nehmen. Von einer Krise, wie Berufspessimisten jetzt sinnieren, kann noch keine Rede sein. Aber ein lauter „Aufwachen“-Rüffel ist schon angebracht, will man sich kein weiteres Negativerlebnis einhandeln. Die Schalker bedürfen eines Weckrufs vermutlich nicht.
André Schulin
Er nimmt sich selbst nicht so wichtig. Dementsprechend fühlen sich alle in seiner Umgebung sehr wichtig.
— Robin Dutt Stuttgarts Sportvorstand über den neuen VfB-Trainer Jürgen Kramny