Genug Ergebnis- zu wenig Erlebnisfußball

von dpa03.11.2006 | 15:56 Uhr

Sie belegen punktgleich Platz zwei (Bayern) und drei (Schalke) in der Tabelle, eigentlich keine so schlechte Situation. Dennoch warten beide Klubs auf einen Befreiungsschlag, eine Initialzündung, die sie in der Bundesliga beflügelt. Die dargebotenen Fußballkünste fanden bei den Fans selten den ungeteilten Beifall.

Auswärtsschwächen
Fünf Siege, ein Unentschieden, drei Niederlagen - diese Bundesligabilanz verbindet derzeit den FC Schalke 04 und den FC Bayern München. Gemeinsam ist beiden Klubs auch, dass die Niederlagen auf fremden Plätzen eingefangen wurden - ein schlechtes Ohmen also für die auswärts antretenden Münchener? Angesichts der konsequenten Erfolglosigkeit (vier Niederlagen, ein Remis) in der Schalke-Arena, seit der Inbetriebnahme 2001, wäre das zu bejahen. Beim letztmaligen Besuch allerdings, das nach Treffern von Santa Cruz und Schalkes spätem Ausgleich (90., Larsen per Strafstoß) 1:1 endete, waren die Bayern über die 90 Minuten betrachtet dem Sieg näher als die Knappen - die schlechte Chancenverwertung verdarb den Erfolg.

Parallelen
Das Problem mit dem Tore schießen beschäftigt die Bayern - und die Schalker - auch aktuell. Doch während bei den Königsblauen ein Rückblick auf die sechs Saisons seit Beginn des neuen Jahrhunderts die derzeitige Torbilanz von 11:11 als vergleichsweise normal ausweist (Ø am neunten Spieltag 12,5:10), liegt die aktuelle Münchener Bilanz von 14:10 deutlich hinter deren gewohnten Werten (Ø 18,6:6,6) zurück. Bei Schalke beklagt sich Kevin Kuranyi, dass die Stürmer mit zu wenig brauchbaren Anspielen aus dem Mittelfeld versorgt werden. Dem Mittelfeld der Bayern ist ebenfalls ein Mangel an Kreativität zu bescheinigen und Oliver Kahn monierte jüngst, dass die Stürmer - beim Spiel mit drei Spitzen - ihre Defensivaufgaben vernachlässigen. Es läuft spielerisch nicht sonderlich rund bei den punktgleichen Werder-Verfolgern. Und das quittieren die Fans mit Unmut - trotz der eigentlich guten Liga-Platzierungen.

Fanproteste
Als die Bayern unter der Woche mit dem 0:0 gegen Lissabon bereits nach dem vierten CL-Spieltag das Weiterkommen sicherten - sportlich zweifellos eine überzeugende Bilanz - wurden sie jedoch aufgrund ihrer spielerischen Leistung vom Publikum mit Pfiffen abgestraft. Den Knappen droht beim Topspiel gegen den FCB eine fast 20-minütige Missachtung seitens verärgerter Teile des Anhangs. Angekündigt ist eine Fan-Aktion, in Anlehnung an das Jahr der Vereinsgründung 1904, die ersten 19 Minuten und 4 Sekunden zu streiken. Derartige Reaktionen kommen nicht aus heiterem Himmel und es ist nicht ein vereinzelter Ausrutscher, der zur Abkehr des Wohlwollens führt. Die von Leidenschaft, Spielwitz und begeisterndem Tempofußball geprägten Phasen der Schalker und Bayern waren bislang schlicht viel zu gering dosiert, der dröge Ergebnisfußball allein bringt es nicht. So ist dieser Klassiker eine Chance für beide Teams, nicht nur Punkte im Ligakampf zu sammeln, sondern auch beim Anhang. Selbst die zugegebenermaßen hohe Anzahl fehlender Leistungsträger taugt nur bedingt als Ausrede.

André Schulin