Spanien wurde der Favoritenrolle in der Gruppe D bereits in der ersten Partie eindrucksvoll gerecht. Technisch hervorragend, mit schnellen Spielzügen und treffsicher wurden die überforderten, aber letztlich doch unter Wert geschlagenen Russen überrannt. Einzig einige Überheblichkeiten trübten das Bild des Siegers.
Spaniens Torwart Casillas flog zwar in der 3. Spielminute an einer Freistoßflanke von Zhirkov vorbei, doch seine Vorderleute ließen nichts anbrennen. Auch auf der Gegenseite wurde ein Xavi-Freistoß problemlos abgewehrt. Besser sahen die Spanier in der 8. und 9. Minute aus, denn Torres und Villa durften erstmals in Richtung Tor schießen, verzogen aber noch recht kläglich. Das leichte Übergewicht der technisch versierten, favorisierten Iberer brachte die Russen allerdings nicht in Bedrängnis, lud das Hiddink-Team eher zu ersten Kontern ein, die allerdings noch mangelhaft abgeschlossen wurden. Erst in der 15. Minute versuchte es Villa einmal aus der Distanz, doch heraus kam nur ein Roller. Inzwischen spielten die Russen jedoch auf Augenhöhe: Semschow konnte nur knapp am Einschuss gehindert werden (17.). Das Spiel hatte nunmehr Betriebstemperatur erreicht und nach einem russischen Fehler im Mittelfeld gewann der durchbrechende Torres den Zweikampf gegen Koldin, steckte auf Villa zurück, der die Kugel ins Netz schob (20.). Unbeeindruckt schlugen die Russen zurück, doch Zyryanow traf aus der Sturmzentrale nur den linken Pfosten (23.). Temporeich ging es stetig weiter und die Torszenen häuften sich. Keeper Akinfeev durfte sich gegen die flinken Spanier innerhalb der folgenden Minuten zweimal auszeichnen. Russische Gegenaktionen blieben zwar nicht aus, doch die Defensive der Spanier wirkte weniger anfällig als die der Osteuropäer, die mit den flinken Spitzen Villa und Torres ihre liebe Not hatten. Ruhepausen wurden beidseitig kaum eingelegt, vielfach fehlte es aber auch an präzisen Anspielen auf die Stürmer. Pavlyuchenko wurde nach 39 Minuten zentral zwar plötzlich bestens eingesetzt, doch die Sturmspitze war um Zentimeter im Abseits. Auch ein Lattenschuss des Angreifers wurde abgepfiffen, denn ein kleines Foulspiel ging dem Linkshammer voraus (41.). Was den Russen nicht gelang, machten die Spanier umgehend besser. Ein schneller Konter wurde entscheidend von Iniesta die Deckung öffnend auf Villa durchgesteckt und der Torjäger verlud den letztlich chancenlosen Akinfeev (45.). Beide Teams hatten im ersten Durchgang große Unterhaltung abgeliefert, doch nur die Spanier ins Schwarze getroffen.
Erwartungsgemäß überließen die Spanier ihrem Gegner nach dem Seitenwechsel erstmal die Initiative. Bistrov war für Sychev gekommen, der Druck der Hiddink-Elf sollte damit erhöht werden. Bis zum gegnerischen 16er lief der Ball auch teils recht flüssig durch die russischen Reihen, bis auf einen Kopfball Bistrovs direkt auf Casillas (51.) wurde es in Tornähe aber in den ersten Viertelstunde der zweiten Hälfte für Spanien nicht brisant. Bilyaletdinovs Distanzschuss nach einer Stunde – knapp am linken Pfosten vorbei – sah dann schon wieder etwas besser aus. Aber auch Villa durfte in dieser Zeit Akinfeev per Flachschuss prüfen. Das clevere Defensivverhalten der Spanier und einige Spielerwechsel nahmen der Partie danach nur wenig Schwung. Vier gute Torannäherungen der plötzlich wieder munteren Iberer hielten den Unterhaltungswert hoch. Die Russen kamen dagegen kaum mehr durch. Bistrov erhielt die Höchststrafe und musste nach 20 Minuten wieder vom Feld und der wuchtigere Adamov sollte die Kohlen aus dem Feuer holen. Drei Minuten später machten die spielfreudigen Spanier wieder Dampf, wobei Silva und Fabregas ihre Chancen hatten, aber erst im dritten Versuch wurde erneut getroffen: Villa trickste sich beim Konter in Vollendung eines schnellen Spielzuges an den schwerfälligen Innenverteidigern der Russen vorbei und vollendete locker per Flachschuss ins linke Eck (75.). Für die Russen konnte es nach dem 0:3 natürlich nur noch um Schadensbegrenzung gehen. Pavlyuchenkos 20-Meter-Geschoss zischte nach 81 Minuten zwar knapp am rechten Pfosten vorbei, blieb allerdings vorerst eine Ausnahme im Rahmen der nun folgenden russischen Offensivbemühungen. Als Shirkov jedoch eine Ecke vor das Tor von Casillas verlängerte, war Pavlyuchenko am schnellsten zur Stelle und nickte kraftvoll zum 1:3 ein (86.). Die letzten Minuten wurden noch einmal turbulent: Zuerst vergab Semak völlig frei das 2:3, dann lief der Ball über Villa auf Xabi, dessen Volleyabnahme von Akinfeev zu kurz abgelenkt und von Fabregas per Flugkopfball über die Torlinie befördert wurde (90.). Dem jungen russischen Team fehlte gegen die geschmeidigen Spanier die Erfahrung und die Sicherheit in der Abwehr.
Ulrich Merk
Milot ist ja noch nicht einmal richtig fit. Nach einer halben Stunde hat der ja schon gepumpt wie ein Maikäfer.
— Werder Bremens Trainer Florian Kohfeldt über Stürmer Milot Rashica.