Gipfeltreffen in der zweiten Reihe

von Günther Jakobsen15:21 Uhr | 07.11.2003

Sportliche Erfolge als oberste Priorität - konsequent und mit hohem finanziellen Einsatz sind der FC Bayern München und seit den 90er-Jahren auch Borussia Dortmund diesen Weg gegangen. Wurden diese Erfolge von spielerischem Glanz begleitet - umso besser. Derzeit hapert es an beidem: Für die sportlichen Leckerbissen sorgen andere, und erfolgreicher sind die auch noch.

Vorentscheid um die Verfolgerrolle
Vom Ausgang des Duells FCB gegen BVB wurden in den letzten Jahren Signale erwartet, welcher dieser beiden Klubs tonangebend in der Bundesliga sein würde - ein Prestigekampf mit vorentscheidendem Charakter für die Meisterschaft. Das ist derzeit anders: Der Sieger dieser Begegnung ist lediglich erster Verfolger des Dreigestirns VfB Stuttgart, Bayer Leverkusen und Werder Bremen, das sich bislang in der Führungsarbeit ablöste (VfB drei Mal Spitzenreiter/ Werder zwei/ Bayer sechs) und bisher keine signifikanten Schwächen erkennen ließ. Der Verlierer läuft Gefahr, vorerst den Anschluss an die Tabellenspitze zu verlieren.

Steherqualitäten sind da
Nach knapp einem Drittel der Saison wäre es allerdings unsinnig, die gegenwärtigen Krisen der Ligaschwergewichte als vorzeitiges Scheitern im Titelkampf zu betrachten. Beide Klubs haben hinlänglich bewiesen, dass mit ihnen, solange rechnerisch Chancen bestehen, stets zu rechnen ist. Beispielhaft dafür ist der Titelgewinn der Borussia in der Saison 2001/02, als die Schwarz-Gelben drei Spieltage vor Saisonende fünf Punkte hinter Leverkusen zurück lagen und im Endspurt nervenstark die Nase vorn hatten. Entsprechende Beispiele für die Münchner anzuführen, würde Seiten füllen - schließlich hängt den Bayern nicht umsonst bereits seit den 70er-Jahren der Stallgeruch an, nicht immer unbedingt schön, dafür aber gnadenlos effektiv und erfolgreich zu spielen.

Mentaler Rammbock gesucht
Die Frage indes stellt sich, reicht es, wie von Bayern-Kapitän Oliver Kahn gefordert, wenn die viel zitierte „Siegermentalität“ zurückkehrt? „Uns hat in den letzten Jahren die Willenskraft ausgezeichnet. Da müssen wir wieder hinkommen“, beschwört der Bayern-Keeper seine Erfolgsformel. „Wir haben die Lücke richtig gespürt, die Effenberg hinterlassen hat“, legt Bayerns Außenverteidiger Willy Sagnol in der Forderung nach einem Über-Egomanen nach, in dessen Gefolge die Mannschaft gegen mental in die Knie gezwungene Widersacher Punkte sammeln soll. Die Bundesligakonkurrenz, in Gestalt der drei führenden Klubs hingegen, aber auch im Verfolgerfeld platzierte Mannschaften wie der VfL Bochum (3:0 gegen Dortmund), oder der VfL Wolfsburg (3:2 gegen FC Bayern), setzen auf etwas anderes: Sie verbesserten ihre spielerische Qualität - was bei entsprechenden Erfolgen auch für eine „breite Brust“ sorgt und das Selbstvertrauen steigert. Dass sowohl die Bayern wie auch der BVB ausreichend Potenzial haben, um fußballerische Maßstäbe zu setzen, steht außer Frage. Ob es genutzt wird - die Sammer-Elf verkauft sich angesichts der Verletzungsseuche gut - bleibt noch offen; wie auch die Meisterschaft nach diesem Verfolgerduell.

André Schulin



Please call me ...Berti McVogts!

— Berti Vogts bei seinem Amtsantritt als Nationaltrainer von Schottland.