Beide Teams hatten sich das Duell schon für einen früheren Zeitpunkt gewünscht und konnten nach zwei Niederlagen nur noch einen Schaukampf führen. Doch der hatte es in sich. Die Elfenbeinküste war turmhoch überlegen, rannte aber lange hinter den Sünden der Anfangsphase her. Hätten sie nicht zwei Hand-Elfmeter bekommen, die Ivorer wären wohl wieder in Schönheit gestorben.
Sowohl bei den Serben als auch bei den Afrikanern war personell kein Stein auf dem anderen geblieben, was dazu führte, dass sich hier wie dort große Lücken auftaten und sich ein buchstäblich offener Vergleich ergab. Die Elfenbeinküste blieb sich treu und zeigte technisch ansprechenden Fußball, ohne sich aber die Bestätigung eines Tores einzuholen. Nach einem Schuss aus dem Hinterhalt von Boka (5.) und einem tollen Solo von Arouna Kone, dem Krstajic so eben noch ein Ende bereiten konnte (8.), sah zunächst alles nach dem ersten Sieg der ivorschen WM-Geschichte aus. Doch wie schon in den ersten Spielen wurden die Afrikaner brutal in die Wirklichkeit zurückgeholt. Als Stankovic hoch und weit von der Mittellinie passte, stand Kouassi falsch zum Ball, was Zigic erlaubte, den Keeper zu umlaufen und zum 0:1 einzuschieben (10.). Bockig griffen die Elfenbeiner wieder an, doch gemeinsam schafften es Keita und Akale nicht, die Riesenchance zu nutzen (19.). Statt dessen bekamen die Serben wieder ein Tor geschenkt; im eigenen Strafraum spielte Domoraud einen schlimmen Pass in die Beine von Ilic, der nur noch den Keeper vernaschen und einlochen musste (20.) - durch zwei Torschüsse führten die Serben mit 2:0. Nun stürmten die Ivorer etwas weniger kopflos, obgleich sie nach wie vor mehr vom Spiel hatten. Dann endlich war auch ihnen das Glück einmal hold. Mitten im Strafraum schaufelte Dudic den Ball mit der Hand weg – Elfmeter für die Elfenbeinküste. Dindane lief an und traf, doch der Schiri wollte es genau wissen und monierte ein zu frühes Bein im Strafraum. Dindane schnappte sich wieder die Kugel, wählte die gleiche Ecke und traf erneut (36.). Plötzlich wurde es noch einmal hitzig. Erst wurde Dindane von Keeper Jevric im Strafraum von den Beinen geholt, bekam aber keinen Elfmeter, sondern den gelben Karton. Der Schiedsrichter hatte eine Schwalbe gesehen (44.). Eine Minute später dann waren die Serben nur noch zu zehnt, weil der schon verwarnte Nadj einen Ivorer von der Seite umgrätschte. Er war erst in der 16. Minute für Krstajic eingewechselt worden.
Sofort setzte die Elfenbeinküste wieder zum Würgegriff an, doch die Serben verzichteten nun dezimierterweise fast gänzlich auf Gegendruck und stellten sich hinten rein. Solange die Ivorer keine Lücke fanden, passierte daher nichts, aber die Chancen kamen. Nach einem Freistoß von Boka knallte Akale den Abpraller aufs Tor, doch Jevric zog blitzschnell den Fuß raus (58.).Drei Minuten später setzte Arouna Kone einen Volleyschuss knapp daneben; Kouassis Geschoss aus 30 Metern krachte sogar an die Latte (62.). Dann war es wieder Dindane, der nur um Haaresbreite am Pfosten vorbeiköpfte. Die Serben kamen gar nicht mehr über die Mittellinie und der Ballon war bald so prall aufgeblasen, dass er unweigerlich platzen musste. Nach 67 Minuten war es dann so weit. Keita flankte aus dem rechten Halbfeld genau auf den Kopf von Dindane. Aus sieben Metern köpfte der Stürmer des RC Lens, der nur Vertreter des gesperrten Drogba war, zum mehr als überfälligen Ausgleich ein. Die Richtung der Spielzüge blieb die gleiche, fast jedoch hätte Stankovic den Spielverlauf erneut auf den Kopf gestellt, als er nach einem Freistoß knapp daneben köpfte (77.). Doch dann meldete sich der Fußballgott zu Wort und entlohnte die Ivorer für all den Eifer und die Spielkunst, die sie während des ganzen Turniers gezeigt hatten. Ducic klatschte der Ball im Strafraum an die Hand, und zum zweiten Mal bekamen die Afrikaner einen Strafstoß zugesprochen. Kalou schnappte sich die Kugel und machte den viel zu knappen Sieg perfekt (84.). In der Schlussminute sah auch Domoraud noch die gelb-rote Karte, doch das änderte nichts daran, dass sich Afrikas beste Mannschaft ruhmreich aus dem Wettbewerb verabschiedete.
Maik Großmann
Ein Tor mehr zu erzielen, als man selbst bekommt, ist immer noch besser als ein 1:0.
— Gottfried Weise, Eurosport-Reporterlegende.