Beim Stichwort „Kanada“ assoziieren viele hierzulande Begriffe wie Elche, Wildnis, Holzfällen und Eishockey. Fußball drängt sich in Zusammenhang mit den „Ahornblättern“ wahrlich nicht vordergründig auf. Ein Blick in die Geschichtsbücher belegt immerhin, dass Kanada bereits frühzeitig internationale Begegnungen austrug. Die Entwicklung zu einer echten Fußballnation blieb indes aus.
Gemeinsame Liga mit den USA
Im November 1885 wurde im ersten Länderspiel der südliche Nachbar USA mit 1:0 bezwungen. Eine Erfolgsstory zum Volkssport Nummer eins, wie in Europa und Südamerika geschehen, blieb dem Fußball im zweitgrößten Flächenstaat der Erde (9,98 Millionen km2) jedoch verwehrt. Im „Soccer“ zählt Kanada eher zu den Kleinen der Zunft. Eine eigene kanadische Profi-Liga existiert nicht, der bezahlte Fußball spielt sich gemeinsam mit US-amerikanischen Klubs unter dem Dach der USL (United Soccer Leagues) ab.
Einmal im Konzert der Großen mitgespielt
Den größten Erfolg auf internationaler Ebene feierten die Nordamerikaner mit der Qualifikation für die WM 1986 in Mexiko. Zu holen gab es für Kanada in den Gruppenspielen zwar nichts (Niederlagen gegen Frankreich, Ungarn und die UdSSR), aber vor allem bei der knappen 0:1-Niederlage gegen die mit Superstar Michel Platini angetretenen Franzosen erwarben sich die „Ahornblätter“ den Respekt des Publikums. Im Jahr 2000 sicherte sich Kanada beim CONCACAF-Gold-Cup, einem Einladungsturnier des Nord- und Mittelamerikanischen sowie Karibischen Fußballverbandes, den Titel durch einen 2:0-Endspielerfolg über Kolumbien. Auf die DFB-Auswahl trafen die Nordamerikaner bislang erst einmal, im Juni 1994 in Toronto, als Deutschland mit 2:0 (Treffer von Matthias Sammer und Rudi Völler) gewann.
Osieck brachte Aufschwung
Seit 1998 coacht Holger Osieck, Jahrgang 1948, Kanadas Nationalteam. Der ehemalige DFB-Übungsleiter, er war Assistent von Teamchef Franz Beckenbauers beim WM-Erfolg 1990 in Italien, spielte einst selbst für eine Saison in Kanada: 1977 bei den Vancouver Whitecaps. In Deutschland stand er beim FC Schalke (1958-71), FC Mülheim (1971-76) und Rot-Weiß Oberhausen (1978-79) unter Vertrag. Als Trainer kam Osieck weit herum. Außer seiner DFB-Tätigkeit betreute er Olympique Marseille (1990-91), den VfL Bochum (1991-92), Fenerbahce Istanbul (1993-94), die Urawa Red Diamonds (1995-96, Japan) und Koaeli Spor (1997-98, Türkei) bevor er beim kanadischen Verband sesshaft wurde. Unter seiner Leitung kletterte die Nationalelf binnen zwei Jahren in der Weltrangliste von Rang 101 auf Platz 55 (im Frühjahr 2000). Derzeit rangieren die „Ahornblätter“ an 77. Stelle im FIFA-Ranking.
Zwei Bremer im Aufgebot
Der Großteil von Osieks Schützlingen steht bei europäischen Vereinen unter Vertrag. Für das Länderspiel gegen Deutschland berief er zwei Bundesligaprofis ins Aufgebot: Julian de Guzman von Hannover 96 und Werder Bremens Paul Stalteri. Dazu kommen noch, als in Deutschland tätige Akteure, Staltieris Vereinskollege Maycoll Canizales, der im Regionalligateam der Bremer eingesetzt wird und Mittelfeldmann Tam Nsaliwa vom 1. FC Saarbrücken, ebenfalls aus der dritten Liga. Ihr Länderspiel-Debüt könnten die erstmals nominierten Jason Jordan (Vancouver Whitecaps) und Nikola Budalic (Örebro SK) feiern.
André Schulin
Aus meiner Sicht war es eine Schnapsidee, den Begriff ,Vizekusen' schützen zu lassen.
— Rudi Völler über Bayer Leverkusen, das ab 1993 über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren keinen Titel gewann.