Kein Spielfluss, kein Tempo, keine Einstellung zum geschickt die Räume zustellenden Gegner - kein Erfolg! Die deutsche Elf kassierte eine berechtigte 1:2-Niederlage gegen Kroatien, die alle Viertelfinalträume auf das letzte Gruppenspiel verschob. Die Kroaten hingegen erreichten die nächste Runde vorzeitig.
Keine personelle Änderungen im deutschen Team im Vergleich zum ersten EM-Spiel; bei Kroatien lediglich ein Wechsel (Rakitic anstelle von Petric). Dem verbissenen Einsatz beider Mannschaften geschuldet dauerte es gut zehn Minuten, bevor es überhaupt gelang, Angriffe über mehrere Stationen aufzubauen. Torreife Situationen blieben jedoch aus. Aus heiterem Himmel deshalb die 1:0-Führung der Kroaten. Auf dem linken Flügel durfte Pranjic völlig unbedrängt in den deutschen Sechzehner flanken, wo Srna sich frei geschlichen hatte. Jansen kam zu spät - 1:0 für die Kicker vom Balkan (24.). Ein Gomez-Kopfball nach Jansens Flanke deutete kurz darauf an, dass die DFB-Elf gewillt war, sofort zurückzuschlagen. Doch die Verunsicherung im Spielaufbau wuchs und Kroatien gewann an Selbstsicherheit. In der 30. Minute hatte Kranjcar - zentral und frei im Sechzehner - das 2:0 auf dem Fuß, ließ die gute Chance jedoch ungenutzt. Ein Freistoß von Ballack (33., Pletikosa parierte) sowie ein Kopfballversuch Metzelders nach einer Ecke durch Frings (40.) konnten als brauchbare Tormöglichkeiten aufgeführt werden - aus dem Spiel heraus entwickelte Löws Elf aber überhaupt keine Gefahr. Vielmehr musste man froh sein, mit nur einem Tor Rückstand in die Pause gekommen, da Kranjcar aus kurzer Distanz eine Riesenmöglichkeit verschenkte (42.) und Lehmann dank einer starken Reaktion abwehren konnte.
Die desolate erste Halbzeit hatte eine Umstellung herausgefordert. Odonkor kam, der indisponierte Jansen blieb draußen. Zunächst schien es, als könnte die deutsche Mannschaft mit frischem Schwung das Spiel ändern. Ballacks Nachschuss-Chance, nachdem Pletikosa eine Hereingabe von Lahm schlecht weggefaustet hatte, wurde vom Kapitän jedoch deutlich über den Balken gesetzt (49.). Gomez setzte sich in seiner besten Szene energisch auf links durch, schlug dann aber einen schlechten Pass, den Klose nicht erreichen konnte (61.). Kroatiens 2:0-Führung fiel dann etwas glücklich und überraschend, da ein Flankenball Rakitic’ von rechts durch Podolski abgefälscht wurde. Das Leder knallte an den Pfosten und prallte von dort Olic vor die Füße, der locker einschob (63.). Die ballgewandten Kroaten ließen in der Folgezeit Ball und Gegner laufen, hatten aber auch sehr viel Platz, da das Spiel ohne Ball in der DFB-Auswahl nicht funktionierte. Dem eingewechselten Schweinsteiger gelang eine gute Aktion, als er über links in den Strafraum eindrang und aus spitzem Winkel scharf abzog - Pletikosa klärte jedoch zur Ecke (73.). Eine der seltenen deutschen Vorstöße führte dann doch zum Anschlusstreffer, als Podolski einen missglückten Abwehrversuch Robert Kovacs mit seinem starken linken Fuß in die Maschen hämmerte (79.). Weitere Torchancen ließen die Kroaten allerdings nicht zu. In der Nachspielspielzeit ließ sich Schweinsteiger noch zu einem unbeherrschten Schubser gegen Leko hinreißen, der ihm die Rote Karte einbrachte.
André Schulin
Noch gar nicht, dazu bin ich zu sehr Realist!
— Stefan Kuntz, Nationaltrainer der Türkei, vor dem WM-Playoff-Halbfinale gegen Portugal und Cristiano Ronaldo, zur Frage, wie oft er schon an die WM gedacht habe...