Ohne Frage waren die 60er Jahre bahnbrechend für den Hamburger Sport-Verein. Als einsamer Rekordmeister des Nordens sehnte der Klub den Bundesligastart herbei - allein um endlich Konkurrenz zu spüren. Als es dann so weit war, gab es allerdings lange Gesichter. Zu groß war der Vorsprung, den sich die West-Vereine in puncto Professionalität erarbeitet hatten. Der HSV war kein Spitzenklub mehr und fand sich über Jahre hinweg im Mittelmaß wieder. Fast dauerhaft stand und fiel der Erfolg mit der Form von Uwe Seeler.
Inflation der Meistertitel
Das Jahr 1954 war in zweifacher Hinsicht ein ganz besonderes für den Hamburger SV. Erstens wurde man erstmals (und auch letztmals) seit 1947 nicht Norddeutscher Meister, und zweitens streifte sich ein Mann die Raute über, der für immer mit der Geschichte des HSV verbunden werden sollte: Uwe Seeler. Auch andere schafften in dieser Zeit den Sprung aus der Jugend in die erste Mannschaft, und so hatte Trainer Günther Mahlmann schon bald ein Team beisammen, das quasi aus “eigener Kraft” die Liga dominierte: Uwe Seeler, Dieter Seeler, Klaus Stürmer, Jochen Meinke, Horst Schnoor. Die frühen 60er waren eine beispiellos erfolgreiche Zeit für die Hanseaten. Nie zuvor waren so viele Menschen für den HSV auf den Beinen wie am 25. Juni 1960, als die Mannschaft den klar favorisierten 1. FC Köln im Finale um die Deutsche Meisterschaft besiegte. Nicht nur sportlich, auch finanziell war der Titel ein Segen. Ein Jahr zuvor hatte man noch 100.000 Mark ausgegeben, um Real Madrid ins Volksparkstadion zu locken und damit Teile des Publikums vergrätzt. Nun aber kamen die Großen von ganz allein. Die Liga geriet zum Nebenschauplatz, als der HSV 1960/61 erste Europapokalerfahrungen sammelte. Schon gegen den Englischen Meister Burnley kam man zu internationalem Ansehen, als man trotz eines 1:3 im Hinspiel noch die nächste Runde erreichte. Erst im Entscheidungsspiel unterlag die Mannschaft dann dem FC Barcelona, dennoch war diese Saison nichts weniger als der internationale Durchbruch, während der Liga-Titel fast nebenbei abgegriffen wurde. Für eine erfolgreiche Endrunde fehlten dann allerdings die Reserven. Die Saison 61/62 war insofern ein Rückschritt. Kein Europacup und auch kein Pokal, weil man sich gleich im ersten Anlauf gegen Altona blamierte. Obwohl mit Klaus Stürmer einer der Leistungsträger ins Ausland abwanderte, blieb der HSV in der Oberliga außer Konkurrenz. Mit elf Siegen und über 50 Toren gab es einen neuen Startrekord, der unweigerlich in die 24. Norddeutsche Meisterschaft mündete. Dennoch endete das Spieljahr mit bitterer Ironie, denn als in der Meisterrunde endlich patente Gegner aufwarteten, war der HSV nicht mehr auf der Höhe. Ein Jahr später blamierte man sich an gleicher Stelle sogar, wurde hinter Dortmund, 1860 und Neunkirchen nur Letzter. Und auch in der Liga war das Team nun nicht mehr unschlagbar, leistete sich einige Patzer und brauchte lange, um Verfolger Bremen abzuschütteln. Erstmals kam leise Kritik an der Zusammenstellung der Mannschaft auf, die dennoch fast unverändert und als stolzer Pokalsieger den Spielbetrieb der Bundesliga aufnahm.
Mein Verein
Wer hinten steht, hat das Pech der Glücklosen.
— Helmut Schulte