Die Bremer Hinrunde war alles andere als eine Vergnügungsreise. Fehlstart, Transferärger, und eine beispiellose Verletzungsflut sorgten für stete Unruhe und machten aus der Mannschaft eine Dauerbaustelle. Abgesehen vom peinlichen Champions-League-Aus ließ sich Werder aber nicht beirren, bot an guten Tagen Fußball-Feinkost und kletterte mit acht Siegen aus neun Heimspielen glatt noch auf Augenhöhe der Bayern. Dabei scheint sogar noch Luft nach oben.
Nach dem ruhmlosen Abgang Miroslav Kloses war man im Fanlager skeptisch, ob Werder erneut um den Titel würde mitspielen können, zumal der offizielle Nachfolger nicht mehr als ein Notkauf zu sein schien. An Boubacar Sanogo lag es allerdings am wenigsten, dass der Vorjahresdritte nicht in die Gänge kam, denn schon in der Vorbereitung ging Bremen am Stock. Als besagter Sanogo eine Blamage im Pokal verhinderte (1:0 in Braunschweig), war ein Großteil der Mannschaft entweder unfit oder angeschlagen bzw. fiel wie Torsten Frings, Pierre Womé oder Patrick Owomoyela noch unabsehbar lange aus. Aus gedämpfter Erwartung entwickelte sich ein Fehlstart. Werder verschenkte einen Startsieg in Bochum (2:2) und wurde gleich darauf vom FC Bayern am Nasenring durchs eigene Stadion gezogen. Das 0:4 war nach dem 1:4 im Ligapokal bereits das zweite Debakel gegen den Edelklub und wollte den Hanseaten sagen, dass sie dieses Jahr den Münchenern nicht gewachsen wären. Noch hatten sie ohnehin andere Sorgen, denn zwischen zwei mageren Ligasiegen in Nürnberg (1:0) und gegen Frankfurt (2:1) musste in einer heiklen K.o.-Runde erst einmal die Königsklasse erreicht werden. Mit dem Weiterkommen gegen Dinamo Zagreb (2:1 und 3:2) brach zumindest finanziell dann auch ein erster Damm.
Dass im Anschluss alles rund gelaufen wäre, ließ sich nicht behaupten. Wie eine göttliche Prüfung mutete es teilweise an, mit welcher Dimension an Verletzungen und anderer Sorten Unfrieden sich die Bremer herumplagen mussten. Allein Carlos Alberto, nach schwerer Geburt für viel Geld verpflichtet, hielt die Vereinsführung in Atem, schlug sich mit gesundheitlichen Problemen sowie im Training mit Boubacar Sanogo herum und passte neben dem Platz nicht auf sich auf. Nachdem er auch zur Rückrundenvorbereitung unfit erschien, verfrachtete ihn Werder zurück nach Brasilien. Am fünften Spieltag ließ sich auch der Rest der Mannschaft ein letztes Mal gehen und kassierte in Dortmund ein 0:3. Dann aber ging es los. Nach einem ehrenwerten 1:2 in Madrid legte Bremen den Deutschen Meister auf die Matte (4:1) und war fortan nicht mehr zu stoppen. Zehn Mal in Folge unbesiegt, nebenbei Henker einer bedauernswerten Arminia (8:1) und oft genug wieder der Freudenspender der alten Saison war der SVW in dieser Phase, wobei nicht nur Diegos Zauberfuß für Furore sorgte, sondern auch das solide Können eines Sanogo, eines Pasanen und immer mehr eines Daniel Jensen. Die plötzlich wieder mögliche Herbmeisterschaft verspielte Werder in Hannover, wo trotz ergreifender Aufholjagd nur ein 3:4 zustande kam. Gar zum Reinfall wurde die Königsklasse und das trotz eines viel bestaunten Heimsiegs über das große Real Madrid. Böse sein aber konnte dieser Mannschaft niemand, da sie trotz aller Probleme attraktiven Fußball bot, mit großem Abstand die meisten Tore erzielte und zu guter Letzt sogar noch ein Wintermärchen schrieb: Ivan Klasnic, den man nach langer Leidenszeit gar nicht offiziell zum Kader gezählt hatte, stand vor den eigenen Fans in der Startelf und erzielte beim 5:2 über Leverkusen sogar zwei Tore. Allein seine Rückkehr, aber auch die von Torsten Frings, von Fritz, Womé, Hunt, Niemeyer, Boenisch oder Owomoyela verleiten zu einer fast unheimlichen Prognose: Schlägt die Mannschaft erst einmal Wurzeln und wird nur ein bisschen weniger vom Schicksal geplagt, dann müsste die Rückrunde gar noch erfolgreicher werden als die verblüffend ertragreiche Hinserie.
Maik Großmann
Good ebening.
— Unai Emery, spanischer Trainer des FC Arsenal, begrüßt die Journalisten mittags zur Pressekonferenz...