DFB-Team

Hoffen auf deutsche Nachlässigkeit

von Günther Jakobsen17:54 Uhr | 07.09.2007

Der Erfolgsdruck im EM-Qualifikationsspiel zwischen Wales und Deutschland liegt eindeutig auf Seiten der Gastgeber, deren Tabellensituation in Gruppe D keinen Ausrutscher mehr gestattet. Daheim erwiesen sich die Waliser immer als unbequemer Gegner für die DFB-Auswahl, zogen allerdings meist den Kürzeren.

Bergbau und Fußball

Cymru - nach keltischer Mundart - nennen die Waliser ihr Land, dessen nach Unabhängigkeit strebende Bewohner sich der römischen und lange Zeit auch normannischen Besetzung standhaft widersetzten. Erst im 15. Jahrhundert musste man sich der englischen Übermacht beugen. Die reichhaltigen Kohlevorkommen in der von Hügeln und Gebirgen geprägten Landschaft sorgten dafür, dass Wales (knapp 3 Mio. Einwohner, mit 20.761 km2 fast so groß wie Hessen) zur Zeit der Industrialisierung einen Wirtschaftsboom erlebte. Dass die walisischen Popstars Tom Jones, Bonnie Tyler, Shakin’ Stevens und John Cale Bergarbeiterkinder sind, kommt nicht von ungefähr. Die Begeisterung für den Fußballsport entwickelte sich früh; bereits 1876 konstituierte sich der nationale Verband (FAW, Football Association of Wales). Im gleichen Jahr wurde das erste Länderspiel ausgetragen, eine 0:4-Niederlage in Glasgow gegen Gastgeber Schottland. Den ersten Erfolg feierte die FAW im Februar 1881, als in Blackburn ein überraschender 1:0-Sieg gegen England heraussprang.

Vertraute Qualifikations-Gegner

In der Addition aller Vergleiche mit dem DFB-Team führt Deutschland; nur zwei der 13 Vergleiche gingen an Wales (sechs deutsche Siege, fünf Unentschieden). Bereits zum vierten Mal laufen sich Waliser und Deutsche in EM-Qualifikationsrunden über den Weg (zuvor in gemeinsamen EM-Quali-Gruppen für die Turniere 1980, 1992 und 1996). Am intensivsten beharkte man sich, als es um das Ticket nach Schweden (1992) ging. Zuhause sicherte sich Wales die Punkte; Mittelstürmer Ian Rush überwand Bodo Illgner damals mit dem einzigen Treffer des Spiels. In Köln glückte den Deutschen dann eine 4:1-Revanche, mit der letztendlich der knappe Gruppensieg vor Wales perfekt gemacht wurde. Zuletzt, beim Freundschaftsspiel im Mai 2002 in Cardiff, hatten die Waliser das bessere Ende für sich: Robert Earnshaw traf in der 46. Minute zum 1:0-Endstand gegen die DFB-Elf.

Ein Restbestand Hoffnung

Jener Earnshaw (Derby County) ist einer der wenigen in der FAW-Auswahl, die noch seit dem letzten Vergleich im Waliser Nationalteam verblieben sind. Bis auf Mittelfeldspieler Carl Robinson (FC Toronto) sind alle Waliser Auswahlspieler auf der Insel unter Vertrag, der englische Premier-League-Klub West Ham United stellt mit drei Aktiven (die Abwehrspieler Danny Gabbidon und James Collins, sowie Stürmer Craig Bellamy) das größte Kontingent. Trainer John Toshack ist seit November 2004 Chefcoach in Wales, abgesehen von einem kleinen Intermezzo im Jahre 1994, als er sich 41 Tage lang der Cheftrainerrolle erfreuen durfte. Mit Dean Saunders bekam Toshack im Juni 2007 einen Assistenten zur Seite gestellt, der wie sein Chef einst Sturmführer in Wales’ Nationalelf war. In der laufenden EM-Quali haben die Waliser die Endrundenteilnahme noch nicht ganz abgeschrieben. „Wir können die Tschechen immer noch vom zweiten Platz verdrängen, wir haben noch sechs Spiele“, meint Toshack, obgleich die Lage in Gruppe D für seine Mannschaft (mit sieben Punkten derzeit nur Fünfter) nicht gut aussieht. In der komfortablen Tabellenführung der Deutschen (19 Punkte) wittert er eine Chance: „Wir hoffen, dass die Deutschen die Sache nicht mit letztem Biss angehen.“

André Schulin



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