Dolly Buster zieht es in den Dschungel, Thomas „Dolly“ Doll auf den Cheftrainersitz des Tabellenletzten HSV. Gemeinsamkeiten (außer dem Rufnamen): Beiden steht eine dornige Zeit im Rampenlicht der Öffentlichkeit bevor, das Risiko des Rausschmisses inklusive. Unterschied: Der HSV steht schon ganz unten…
Bitte kein „Dolly“ quer über den Platz
Wenig verheißungsvoll begann Thomas Dolls erster Tag als verantwortlicher Übungsleiter der HSV-Profis: Sechs Spieler trudelten deutlich nach Trainingsbeginn ein. „Verkehrsstau“ - lautete die Begründung. Sah nach der Trennung von Klaus Toppmöller so ein Neuanfang aus, der Optimismus für die sportliche Zukunft des Tabellenschlusslichts verbreiten konnte? Immerhin, am darauf folgenden Tag - so wurde berichtet - überraschte ein Großteil der Profis den Trainer, indem sie lange vor der vereinbarten Zeit im Kraftraum an der Fitness feilten. In der Nähe zu den Spielern, die der langjährige HSVer Thomas Doll (erstes Engagement 1990) genau kennt, mit Barbarez und Mahdavikia spielte er noch gemeinsam, sieht er kein Problem: „Die Spieler sollen Trainer und du zu mir sagen. Aber keiner sollte quer über den Platz ,Dolly´ (sein Spitzname, Anm. der Redaktion) rufen. Was unter vier Augen passiert, ist mir egal“. „Er ist jetzt mein Chef. Und wenn der Trainer will, dass ich im Tor spiele, dann mache ich auch das“, akzeptiert Sergej Barbarez die neue Rollenverteilung.
Karriere zwischen DDR-Oberliga, Bundesliga, Nationalelf und Bella Italia
Im Mittelfeld und Sturm waren die Wirkungsbereiche angesiedelt, in denen Thomas Doll bei seinen 102 Bundesligaspielen (Hamburger SV und Eintracht Frankfurt) anzutreffen war. Zwischendurch lockte es ihn nach Italien. Drei Jahre spielte er für Lazio Rom (1991-94) und zwei Saisons bei AS Bari (1996-98). Im Dezember 2000 schnürte er im Spiel der Sechziger gegen den HSV letztmals als Aktiver die Stiefel. Trotz seiner 18 Einsätze im DFB-Trikot (1 Treffer) hatte Doll in der Nationalelf keinen Stammplatz sicher. Klinsmann, Riedle und Völler waren vor ihm als Stürmer gesetzt. Auch im Finale der EM 1992 in Schweden konnte „Dolly“ als Einwechselspieler nur eine Halbzeit lang mitwirken. Vor dem Mauerfall spielte Doll für den DDR-Oberligisten BFC Dynamo Berlin, mit dem er zwei Meisterschaften (1987 und 1988) feierte.
Vorbild Schaaf
Seine erfolgreiche Arbeit mit den Amateuren in der Regionalliga Nord - derzeit sind die Hamburger Zweiter - hat HSV-intern die Hoffnung keimen lassen, dass Thomas Doll einen vergleichbaren Weg nehmen könnte, wie es Thomas Schaaf vom Nordrivalen Werder Bremen vorgemacht hat. „Er ist ein akribischer Arbeiter, der versucht, ein System umzusetzen“, lobt Sportchef Dietmar Beiersdorfer den neuen Chefcoach. Ein dickes Fell ist ihm ebenfalls zu wünschen, wenn mit dem Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund Dolls „Dschungelkampf“ als Erstligatrainer beginnt. „Abstieg ist mit dieser Mannschaft wirklich kein Thema“, ist sich Thomas „Dolly“ Doll sicher. Das kann Dolly Buster mit ihrem Dschungelcamp-Gestalten so nun nicht behaupten…
André Schulin
Wen ich in ein Spiel mitnehme, von dem erwarte ich, dass er nach diesem Spiel mitgenommen aussieht.
— Erich Ribbeck