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Italien ließ viele Wünsche offen

von Günther Jakobsen23:01 Uhr | 12.06.2006

Zwar ging der hohe Favorit nach einer ausgeglichenen ersten Halbzeit durch einen satten Pirlo-Schuss fünf Minuten vor der Pause in Front, doch überzeugend war der Auftritt der Italiener keineswegs. Als die im Angriff zu harmlosen, aber ansonsten gleichwertigen Ghanaer dann auch noch durch einen kapitalen Fehler von Kuffour das 0:2 einfingen, war der Arbeitssieg der Azzuri perfekt.

Gleich dreimal segelte Ghanas Schlussmann Kingston unter den ersten Flanken der Italiener hindurch, ohne dass ein Angreifer dies zu nutzen verstand. Aber gleichzeitig hielten die Afrikaner auch mit feinen Ballpassagen dagegen und mogelten sich regelmäßig vor den 16er ihres Gegners. Die erste echte Torchance fiel hintereinander Toni und Gilardino vor die Füße, kullerte letztlich aber nur gegen den Außenpfosten (12.). Beim nächsten Flankenball flog Kingston wieder am Leder vorbei und hatte drei Minuten später zudem Glück, dass Totti eine Freistoßvorlage aus zentraler Position in den Abendhimmel jagte. Harmlos dagegen die ersten Torannäherungen der Ghanaer, deren Spitzen sich in bester Obhut von Nesta & Co. befanden. Dennoch stellten sich die Afrikaner immer besser auf die phantasielosen Steilpässe der Italiener ein und wurden ihrerseits Mitte des ersten Durchgangs etwas frecher. Dann brach allerdings Toni durch und wuchtete die Kugel nach einem gewonnen Zweikampf gegen Kuffour an die Unterkante der Latte (27.). Drei Minuten später kam auch Gyan auf der Gegenseite zu einer Schussmöglichkeit, verfehlte das linke Toreck aber um einen guten Meter. Weitere zwei Minuten später fegte ein weiterer Knaller von Essien über den linken Giebel von Buffon und auch Pappoe (32.) zielte freistehend etwas zu hoch. Italiens Abwehr schwamm reichlich in diesen Minuten. Es ging aber auch auf der anderen Seite brisant zu. Kingston hielt erst einen Totti-Freistoß, flog gleich darauf auch wieder an einer Hereingabe vorbei. Tatsache blieb aber, dass Ghana dem hohen Favoriten spielerisch auf Augenhöhe begegnete. Das 1:0 fiel etwas überraschend. Pirlo erhielt den Ball am linken Strafraumeck und schoss einen scharfen Strich an Freund und Feind vorbei ins rechte untere Toreck (40.). Grosso hatte kurz vor dem Seitenwechsel zudem das 2:0 auf dem Schlappen, doch Kingston bewies großes Können knapp über der Grasnarbe. Die Führung der Azzuri gegen die nahezu gleichstarken Afrikaner zur Pause erschien noch enger als das bereits knappe Ergebnis.

Gilardinos Eins-zu-Eins-Situation in der 51. Minute mit dem glänzend reagierenden Kingston unterbrach einen Start in Halbzeit zwei mit vielen Ungenauigkeiten. Drei Minuten später prüfte Essien Keeper Buffon mit einem mächtigen Schuss aus 30 Metern und meldete Ghana zurück. Nach einer harten Attacke musste kurz darauf Totti das Feld für Camoranesi verlassen, der sich fünf Minuten später eine Gelbe Karte abholte, doch erneut brachte Essien nur einen enttäuschenden Freistoß zuwege. Überhaupt hatten die leicht überlegenen Ghanaer im Angriff zu wenig zwingende Aktionen zu bieten, da vor allem im Abschluss wenig Genauigkeit vorherrschte. Dagegen stahl sich Perrotta plötzlich für die Blauen durch (67.), doch Kingston wehrte reaktionsschnell ab. Die Afrikaner hatten Mitte der zweiten Halbzeit zwar öfter den Ball, es fehlte allerdings vorne der präzise Pass, ein gelungenes Dribbling oder ein gefährlicher Torschuss, trotz vielfältiger Versuche. Alles andere als souverän aber auch die Italiener, deren Konter ohne Klasse blieben. Ein fataler, verhungerter Rückpass vom Ex-FC Bayern-Kicker Sammy Kuffour führte in der 83. Minute zur Entscheidung. Iaquinta schnappte sich die Kugel, umkurvte den chancenlosen Kingston und schob das Spielgerät über die Torlinie. Letzte verzweifelte Angriffe der Kicker aus Schwarzafrika hatten genauso wenig Zug wie zuvor und wurden von den Azzuri ausgebremst oder landeten mit weiterhin ungenauen Abschlüssen im Toraus.

Ulrich Merk



Seitdem versuche ich bei jeder Berührung, bei jedem Foul, im Gegner zuerst den Menschen zu sehen.

— Toni Schumacher