DFB-Team

Jubilar mit Problemen

von dpa04.06.2005 | 12:35 Uhr

Abgeschlagen in der WM-Qualifikation bietet das Freundschaftsspiel gegen Deutschland Nordirlands Trainer Lawrie Sanchez eine willkommene Gelegenheit, ohne größeren Druck den notwendigen Neuaufbau voranzutreiben. Dies wird nicht einfach, denn die englische Liga - traditionell bevorzugter Arbeitsplatz nordirischer Kicker - wird zunehmend von nichtbritischen Akteuren bevölkert und die nationale Irish Premier League ist nicht konkurrenzfähig.

Enger Kampf um die EM 1984
Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des Fußballverbandes Nordirlands (IFA) tritt die DFB-Elf in Belfast zum sportlichen Vergleich mit dem 114. der aktuellen Weltrangliste an. Von den bislang 13 ausgetragenen Duellen gewannen die Deutschen sieben, zwei Mal triumphierten die Nordiren, vier Spiele endeten unentschieden. In der EM-Qualifikation 1982/83 setzten die Briten den Deutschen mächtig zu, als sie beide Gruppenspiele jeweils 1:0 gewinnen konnten. Nur dank der besseren Tordifferenz gewann die DFB-Auswahl seinerzeit die Gruppe und löste das Endrundenticket für das Turnier 1984.

Von Schotten inspiriert
Das erste offizielle Länderspiel nach der Abspaltung von Irland führten die Nordiren im Februar 1921 gegen Schottland - eine 0:2-Heimniederlage. Dass die Schotten Gegner dieser besonderen Partie waren, kam nicht von ungefähr. Schließlich waren es Gastspiele der schottischen Klubs Queens Park und Caledonians, die den Fußballsport auf der Grünen Insel bekannt und populär machten. 1880 konstituierte sich dann - als vierter weltweit - der Irische Verband, der im Februar 1882 sein erstes Länderspiel austrug (0:13 gegen England).

Kein neuer George Best in Sicht
Für das Prestigespiel gegen Deutschland kann Nordirlands Trainer Lawrie Sanchez, ein dreimaliger Ex-Nationalspieler, nicht auf seine Bestformation zurückgreifen. Stammkeeper Roy Carroll (ManU) wird durch den in Deutschland geborenen Maik Taylor (Birmingham City) ersetzt. Außerdem fehlt mit Aaron Hughes (Newcastle United) der etatmäßige Kapitän und Abwehrchef. Nordirlands Auswahlwahlkicker rekrutieren sich fast ausnahmslos aus den beiden höchsten englischen Spielklassen, können dort allerdings keine herausragenden Rollen spielen, wie einst Halbstürmer Danny Blanchflower (Tottenham Hotspurs), der zweimal Englands „Fußballer des Jahres“ (1958 und 1961) wurde. Oder Torhüterlegende Pat Jennings (119 Länderspiele), der den größten Teil seiner Karriere ebenfalls bei den Spurs verbrachte. Zwei weitere nordirische Ausnahmekicker sorgten im Trikot von Manchester United für Furore: Norman Whiteside (1982 jüngster WM-Teilnehmer aller Zeiten), der wegen Knieproblemen seine Karriere 1990 frühzeitig an den Nagel hängen musste und der exzentrisch, geniale Dribbler George Best. Auf derartige Kaliber kann der Nordirische Verband derzeit nicht zurückgreifen. Die 16 Klubs starke Irish Premier League, mit den Seriensiegern FC Linfield (45 Meistertitel) und FC Glentoran (22), ist international nicht konkurrenzfähig; ihr aktueller Torschützenkönig Chris Morgan (19 Treffer) vom amtierenden Meister Glentoran fand in der Nationalelf bislang keine Berücksichtigung.

André Schulin