Das Team aus Nordamerika könnte sich als der schwerste Brocken für die deutschen Frauen in der Vorrunde erweisen. Gleich im Eröffnungsspiel trifft die Neid-Elf auf die Kanadierinnen, die in der Vorbereitung allerdings völlig unterschiedliche Leistungen zeigten.
Zum fünften Mal tritt die kanadische Nationalmannschaft bei einer Weltmeisterschaft an. Seit dem ersten Länderspiel 1986 gegen die USA (0:2) hat sich zwischen den beiden nordamerikanischen Staaten eine Art Erzrivalität entwickelt, bei dem Kanada meist den kürzeren zog. Seit 1991 auch bei den Nordamerikameisterschaften aktiv, schafften es die „Big Red“ erstmals 1998, den „Women´s Gold Cup“ zu gewinnen. Es folgten ein vierter (2000) sowie zwei zweite Plätze (2002 und 2006), bis sich Kanada 2010 erneut die Krone aufsetzen konnte. Im Verband also recht erfolgreich, zeigten die Kanadierinnen bei Weltmeisterschaften bisher sehr durchwachsene Leistungen. Bei der ersten Teilnahme 1995 scheiterte man in einer Gruppe mit Norwegen, England und Nigeria bereits in der Vorrunde und auch 1999 war gegen Norwegen, Russland und Japan bereits nach der Gruppenphase Schluss. Seine bislang erfolgreichste WM spielte Kanada 2003. Als Gruppenzweiter hinter Deutschland qualifizierten sich die Kanadierinnen für das Viertelfinale. Dort gewannen sie mit 1:0 gegen China, gegen Schweden blieb nach einem 1:2 jedoch nur das Spiel um Platz drei, das mit einer 1:3-Niederlage gegen die USA endete.
Kanada qualifizierte sich mit einem überraschenden Erfolg bei den Nordamerikameisterschaften 2010 für die WM in Deutschland. Nach sicheren Gruppensiegen gegen Trinidad&Tobago (1:0), Guyana (8:0) und Mexiko (3:0) gewannen die „Big Red“ auch das Halbfinale gegen Costa Rica überzeugend mit 4:0. Im Finale traf man erneut auf Mexiko, das entgegen aller Erwartungen in ihrem Halbfinale die USA ausgeschaltet hatten. Kanada gewann mit 1:0 und darf sich nun zweifacher Nordamerikameister nennen.
Unbestrittener Star des kanadischen Teams ist Christine Sinclair (28, Western New York Flash). Mit 116 Toren in 159 Einsätzen ist die Spielführerin sowohl Rekordnationalspielerin als auch -torschützin. Sechs Tore beim „Women´s Gold Cup“, davon das entscheidende 1:0 im Finale gegen Mexiko machen die Stürmerin zum Dreh- und Angelpunkt in der Nationalmannschaft Kanadas. Kanadas zweitbeste Torschützin bei den Nordamerikameisterschaften war Nachwuchsstürmerin Jonelle Filigno (20, Rutgers University), die viermal traf. Im Mittelfeld hat Diana Matheson (28, Lillestrøm SK, Norwegen, 122 Länderspiele) das Sagen, in der Abwehr sind Rhian Wilkinson (29, Lillestrøm SK, 199 Länderspiele), Candace Chapman (28, Western New York Flash) und Brittany Timko (25, vereinslos, 101 Länderspiele) eine Bank.
Trainerin Carolina Morace (Italien) tritt mit einem Team an, das nach dem Erfolg bei den Nordamerikameisterschaften vor Selbstvertrauen nur so strotzt. Die Mannschaft um Stürmerstar Sinclair besteht aus einer Mischung aus internationaler Erfahrung und jugendlicher Unbekümmertheit, was wohl auch der Grundstein für den Finalsieg gegen Mexiko war. Die Vorbereitung gestalteten die Kanadierinnen mit Höhen und Tiefen. Einem 0:1 gegen Schweden folgte ein Unentschieden (1:1) sowie ein Sieg (2:1) über die Schweiz. Nach einem 1:0 über Ungarn folgte der Härtetest gegen Nordkorea, den Kanada mit 2:0 für sich entschied. Vor allem das letzte Spiel zeugt von den berechtigten Ambitionen, die die kanadische Nationalmannschaft bei der WM hat. Mit dem Erfolg beim „Women´s Gold Cup“ im Rücken tritt Kanada mit großen Selbstbewusstsein an. Gleich im Eröffnungsspiel gegen Deutschland wird die Mannschaft sich beweisen müssen, ein Erreichen des Viertelfinales sollte aber das minimale Ziel Kanadas sein.
Lisa Ramdor
Wenn ich 50 Meter von einer Klippe springe, kann ich auch sagen: Es sind nur 50 Meter. Aber tot bin ich trotzdem.
— Jan Aage Fjörtoft mahnt vor Verharmlosungen im Abstiegskampf mit Eintracht Frankfurt.