Katerstimmung in Zürich: Halbzeitbilanz (Teil 2/2)

von Günther Jakobsen12:40 Uhr | 27.12.2011

Turbulenzen bei Xamax, Ernüchterung und viel Arbeit in Zürich und Rückkehr zur Fußballrealität in Thun und Lausanne, das sind die Stichworte aus der unteren Tabellenhälfte nach Abschluss der ersten Saisonhälfte.

Den FC Thun halten viele noch nicht für eine etablierte Mannschaft der obersten Liga. Die Berner Oberländer hatten zwar im neuen Stadion sehr gut begonnen, doch dann folgte der erwartete Abstieg ins Mittelfeld. Trainer Challandes musste das schwierige Erbe des nach Luzern gewechselten Murat Yakin antreten. Allerdings hatte der temperamentvolle Westschweizer darin Erfahrung. Nach Favres Abgang vom FC Zürich in die Bundesliga führte Challandes diesen im übernächsten Jahr erneut zum Titel. Thun hat nicht die Möglichkeit ganz vorne mitzuspielen, doch der kleinere der Berner Clubs, der Palermo aus der Europa League geworfen hat, ist immer für eine Überraschung gut.

Neuchâtel Xamax ist neben Sion das zweite große Sorgenkind der Liga. Die Sorgen sind hier sogar noch etwas berechtigter. Bulat Tschagajew, der Tschetschene, der in Neuenburg das Zepter übernommen hat, macht mit ausstehenden Lohnzahlungen, gefälschten Bankgarantien und Morddrohungen in der Kabine von sich reden. Die Neuenburger wurden unlängst mit vier Punkten Abzug für diverse Versäumnisse gebüßt. Die Liga probte schon Szenarien, nach welchen die Saison ohne Xamax zu Ende gespielt werden würde. Klar, dass bei der neuen Hire and fire-Mentalität, die übrigens nicht nur in Neuenburg Einzug gehalten hat, keine sportlichen Höhenflüge zu erwarten sind, auch wenn im Kader durchaus Potential vorhanden wäre.

Für den FC Zürich ist die Saison 2011/2012 eine zum Vergessen. In der Meisterschaft knapp vor dem Relegationsplatz klassiert, im Cup gegen das unterklassige Sankt Gallen ausgeschieden und in der Europa League die Gruppenphase auf dem letzten Platz abgeschlossen, in solch schlechter Verfassung sah man den zwölffachen Meister noch selten. Doch Trainer Fischer muss einige Spieler aus Juniorenmannschaften, den lange Zeit verletzten Fußballkünstler Chikhaoui und Altstars wie Magnin zu einer Mannschaft formen. Das bedeutet viel Arbeit, für welche er hoffentlich die nötige Zeit erhält. Viel Arbeit hat man auch mit den Fans zu bewältigen. Der Spielabbruch nach einem Petardenwurf hatte die Fortfaitniederlage gegen den Stadtrivalen zur Folge und in Rom verlor ein Fackelwerfer aus dem Zürcher Fanblock drei Finger. Eine Verhaltensänderung ist momentan nicht ersichtlich, weder bei den Fans, noch bei den Vereinsverantwortlichen.

Ciriaco Sforza hat in seinem Grasshopper Club Zürich die mit Abstand jüngsten Spieler. Immer wieder gelingt es den Jungspunden auch große Clubs zu ärgern. Doch insgesamt sind die Leistungen noch zu wenig konstant. Vor allem vorne müsste mehr passieren. Nur sieben Tore haben die GC-Stürmer erzielt. Zu wenig, um sich aus dem Abstiegskampf heraus zu halten. Wie beim Stadtrivalen braucht es auch hier Geduld. In Anbetracht der Jahrgänge des Kaders wohl sogar noch etwas mehr als beim FCZ.

Als Martin Rueda mit Lausanne Sport den Aufstieg geschafft hatte, freute sich die Fußballschweiz über die neu erstarkte Westschweizer Vertretung in der obersten Liga. Doch Lausanne blieb die Bestätigung bislang schuldig. Erst drei Siege und bereits acht Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz sind auch für einen Aufsteiger eine magere Bilanz. Lausanne scheint noch nicht reif für die Super League und müsste sich in Hälfte zwei gewaltig steigern, um den Ligaerhalt zu schaffen.

Andreas Beck, Bern



Das größte Lob gebührt sicherlich Franz Beckenbauer. Er hat der Mannschaft Meister-Image eingehaucht.

— Karl-Heinz Rummenigge