Klassenziel finanziell verfehlt

von Günther Jakobsen11:19 Uhr | 31.01.2003

Der 1. FC Kaiserslautern steckt als Tabellenvorletzter mitten im Abstiegskampf. Sollte die schwierige Mission, den sportlichen Abstieg zu vermeiden, noch gelingen, wären die Pfälzer trotzdem nicht automatisch gerettet. Nach jahrelanger Misswirtschaft, und vermuteten Verfehlungen im Finanzgebaren (unversteuerte Zweiteinkommen für ausländische Profis), sieht sich der ohnehin klamme Verein jetzt mit Steuernachforderungen in Höhe von 12,9 Millionen Euro konfrontiert. Ein Zwangsabstieg droht. Das wäre kein Novum in der Bundesliga.

Rote Karte für Hertha
Bereits in der zweiten Bundesligasaison, 1964/65, widerfuhr Hertha BSC, trotz sportlich gesichertem Klassenerhalt, der Ausschluss aus der höchsten deutschen Spielklasse. Grund dafür: Überschuldung (mehr als 190.000 Mark Defizit in der Vereinskasse) und, in erster Linie, ein Verstoß gegen geltende Bestimmungen - die Zahlung unerlaubt überhöhter Handgelder. Neben dem Zwangsabstieg des Klubs belegte der DFB auch Hertha-Spieler, denen Verfehlungen nachgewiesen werden konnten, mit Strafen. Torhüter Wolfgang Fahrian musste wegen unerlaubt kassierter Handgelder und überhöhtem Einkommens 12.000 Mark berappen und wurde für sechs Monate gesperrt. Abwehrspieler Jürgen Sundermann zahlte immerhin noch 8.000 Mark wegen Verstoßes gegen das Bundesligastatut. Dies Statut sah vor, das ein „normales Höchsteinkommen“ für Lizenzspieler 1.200 Mark monatlich nicht überschreiten sollte.

Lizenz erschlichen
In den folgenden Jahren gerieten immer wieder Bundesligavereine in Schwierigkeiten, die vom DFB geforderten Lizenzbedingungen zu erfüllen. Einen weiteren Zwangsabstieg aus finanziellen Gründen konnten die Erstligisten vermeiden, gleichwohl hing die Lizenzvergabe oft am seidenen Faden. So musste Dynamo Dresden wegen „Erschleichens der Lizenz“ für die Saison 1992/93 mit einem Vier-Punkte-Abzug in die Saison 1993/94 gehen. Dazu kamen 100.000 Mark Strafgeld. Dresden schaffte trotz des Punktabzugs den Klassenerhalt, konnte aber auf Dauer die Schulden nicht abbauen. 1995 verweigerte der DFB schließlich den Sachsen die Profi-Lizenz, die daraufhin in die Regionalliga Nordost absteigen mussten.

Auflagen verhindern Kaderverstärkung
Den drohenden DFB-Zeigefinger bekam in der Saison 1999/2000 die Frankfurter Eintracht zu sehen. Wegen „Verstößen gegen die Lizenz-Auflagen“ belegte der Lizenzierungs-Ausschuss des DFB die Eintracht mit einem Zwei-Punkte-Abzug und einem Bußgeld in Höhe von 500.000 Mark. Die Bundesligakonkurrenz, in Gestalt von sechs anderen abstiegsbedrohten Klubs, beschwerte sich über die ihrer Meinung nach zu milde Bestrafung des DFB und reklamierten eine Wettbewerbsverzerrung. Die Eintracht hatte trotz eines drückenden Schuldenberges und hoher DFB-Auflagen in der Winterpause mehrere kostspielige Transfers getätigt. Frankfurt hielt die Klasse, stieg aber in der folgenden Saison ab. Der enge finanzielle Rahmen erlaubte keine weitere Verstärkung des Kaders.

Lizenzentzüge und ihre Folgen
Ein herber Schlag für 1860 München war die Lizenzverweigerung in der Saison 1981/82. Die „Löwen“ hatten sich in der Zweiten Liga sportlich bestens behauptet, die Saison als Tabellenvierter beendet. Die Rückstufung in die Amateurklasse hatte naturgemäß zur Folge, dass die besten Spieler nicht gehalten werden konnten. So musste ein hoffnungsvolles Talent, namens Rudi Völler, verkauft werden - die Bremer rieben sich die Hände. Eine ganz andere Situation ergab sich in der Saison 1977/78 für Zweitligist Kickers Offenbach. Den Hessen war vor der Saison, aufgrund finanzieller Probleme, ebenfalls die Lizenz verweigert worden. Unter dem Motto „Rettet den Bieberer Berg“ (das Kickers-Stadion, Anm. d. Red.) schnappten sich Vereinsoffizielle und Ex-Spieler Sammelbüchsen und versuchten im Umland das nötige Kleingeld für den Klassenerhalt aufzutreiben. Über 200.000 Mark kamen so zusammen. Bei weitem nicht genug, um das Vereinsdefizit auszugleichen - aber genügend, um den DFB zum Einlenken zu bewegen und die Lizenz zu erhalten.

Herkulesaufgabe für Jäggi
Für den 1. FC Kaiserslautern sieht es düster aus. Neben dem sportlichen Offenbarungseid droht der finanzielle. Alle Symptome und Begleiterscheinungen früherer Lizenzentzüge im Profifußball (überhoher Schuldenberg, angeblich unkorrekte Finanzpraktiken, Ausverkauf der Leistungsträger) sind mittlerweile auf dem Betzenberg zu beobachten. Möglicherweise muss Vereinsboss René C. Jäggi gar gegen den alten, zurückgetretenen Vorstand vorgehen, was einen weiteren Tiefpunkt in der Leidensgeschichte der Pfälzer bedeuten würde. Mag die sportliche Rettung vielleicht noch gelingen, eine Konsolidierung auf finanzieller Ebene scheint weitaus schwieriger und wäre gewiss noch höher einzuschätzen, als das Erreichen eines Nichtabstiegsplatzes.

André Schulin



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