Kommentar: Gerechtigkeit für Zaugg

von Günther Jakobsen15:36 Uhr | 20.10.2005

Nach der Entlassung des Trainers des BSC Young Boys Bern, Hans-Peter Zaugg, kehrt mit Gernot Rohr neue Hoffnung nach Bern zurück. Zu Recht?

Hans-Peter Zaugg, genannt "Bidu" hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er als Berner gerne bei den Berner Young Boys trainieren möchte. Als der bald 53-jährige in der Saison 03/04 zu YB kam, zeigte er mit dem zweiten Rang hinter dem "unerreichbaren" FC Basel, dass er eine Ideallösung für Bern war. Auch die CL-Quali gegen Roter Stern Belgrad wurde nicht allzu deutlich verpasst. Der ehemalige Meistertrainer des Grasshopper Club Zürich und kurzzeitige Trainer der Schweizer Nationalmannschaft vermochte das Publikum im Ersatzstadion Neufeld zu begeistern.
Zaugg wurde am 17. Oktober 2005 entlassen, weil seine Leistungen v. a. bei Heimspielen nicht genügten. Da die Young Boys kurz vorher die erste Niederlage nach sieben Meisterschaftsspielen erlitten hatten, fragte man sich, was denn erwartet wurde. Mit dem Einzug ins neue Stade de Suisse Wankdorf waren offenbar hohe Ziele von den Clubverantwortlichen gesteckt worden. Aber wer sind denn diese Verantwortlichen eigentlich?
Da ist zunächst einmal der neue Sportchef Hottiger. Er hat im Sommer mit dem Zuzug des Verteidigers Tiago nach eigenen Angaben den Top-Transfer von CL-Favorit Barcelona getätigt. Später stellte sich heraus, dass Tiago keinen einzigen Einsatz hatte und von seinem Agenten mancherorts energisch angeboten wurde. Hottiger machte sich im ganzen Land lächerlich, behielt aber seinen Job aus nicht nachvollziehbaren Gründen.
Da wäre weiter Vereinspräsident Peter Mast, der etwa bei einer Diskussion in einem Fanlokal meinte, dass ihn diese "Emotionale" bei den Fans so störe, und damit bewiesen hatte, dass er weder ein Interesse am, noch ein Gespür für den Fußball hat.
Nicht zuletzt bleibt noch der starke Mann, Peter Jauch, der sich aber mittlerweile von zwei seiner vier Ämter zurückgezogen hatte. Er ist der Hauptverantwortliche für die Streichung des Namens "Wankdorf", was nicht nur für Deutsche einem Verbrechen gleichkommt. Jauch war auch derjenige, der wegen überhöhter Eintrittspreise die Eröffnungsfeier zur Trauerfeier werden ließ. Jauch äußert Sätze, wie "…in den großen Ligen, Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland kann man sich Titel nicht kaufen, in der Schweiz aber schon." Jauch erwartete 20.000 Zuschauer bei Heimspielen in der Eishockeystadt Bern.
Zaugg hat viele Kröten schlucken müssen. Der Einbau des genialen aber schwierigen Spielers Hakan Yakin ist ihm ebenso gelungen, wie der Einsatz des chinesischen Stürmers Shi Jun, den man aus wirtschaftlichem Interesse am asiatischen Markt geholt hatte, und von dem Zaugg sagte, dass er froh sei, dass er auch ein wenig Fussball spielen könne. Sogar "Barcelona-Star" Tiago hat er zu einem brauchbaren Verteidiger geformt. Aber die Erwartungen, die man in Zaugg gesetzt hat, konnte er nicht erfüllen. Das kann niemand, auch wenn Sportchef Hottiger schon Namen wie Hitzfeld und Sammer brachte, und sich so wieder lächerlich machte. Der Mannheimer Gernot Rohr wird es auch nicht schaffen. Neue Besen kehren zwar besser, aber die Lösung des Berner Problems, sofern man von einem solchen sprechen will, ist nicht in einem Trainerwechsel zu finden.
Andreas Beck, Bern



Ich hatte in Liverpool auch schlechte Zeiten. Ein Mal sind wir Zweiter geworden.

— Bob Paisley (1919 - 1996), Trainer FC Liverpool, der in neun Jahren sechs Mal Meister wurde.