Konkurrenten unter Symbiosezwang

von Günther Jakobsen11:35 Uhr | 23.04.2004

Das 36. Bundesligaderby zwischen den Löwen und dem FC Bayern ist für beide Klubs von großer Bedeutung, die die übliche Rivalität stadtinterner Duelle übersteigt. Die Bayern brauchen jeden Punkt, um das Minimalziel Platz zwei zu sichern und die rechnerische Chance auf die Titelverteidigung zu erhalten, während den Sechzigern bei einer Niederlage ein verschärfter Abstiegskampf droht.

Klare Hierarchie
Aus Löwensicht liest sich die Bilanz ernüchternd: Nicht mehr als acht Siege konnten in 35 Bundesligapartien gegen den FC Bayern gefeiert werden; dagegen schlich man in zwanzig Spielen als Verlierer vom Platz. Sieben Mal wurden die Punkte geteilt. Die letzten sieben Vergleiche gingen mehr oder minder eindeutig an die Bayern. Im November 1999 bezwangen die Löwen den übermächtigen Ortsrivalen erstmals wieder nach 22 Jahren vergeblicher Anläufe: 1:0 hieß es nach neunzig Minuten. In der Abwehrzentrale der Sechziger stand seinerzeit der derzeitige Coach der Blauen, Gerald Vanenburg (43 Spiele für 1860, 1988 Europameister mit den Niederlanden).

Dauerhaft unter einem Dach
"Unser nächster Gegner, der FC Bayern, ist ein Weltklasseverein. Dennoch können wir dieses Spiel gewinnen, wenn wir alles aus uns rausholen", motiviert Interimstrainer Vanenburg - vorerst ist lediglich eine Zusammenarbeit bis zum Saisonende vereinbart - seine Schützlinge. Drei Mal schon mussten sich die Sechziger aus der Bundesliga verabschieden: 1970, 1978 und 1981. Dieser bittere Kelch soll diesmal unbedingt vorüber ziehen; ein Anliegen, an dem sogar der FC Bayern vitales Interesse zeigt. Schließlich sind die beiden Vereine durch die gemeinsame neue Heimstätte Allianz-Arena enger denn je verbandelt. Die Erstligazugehörigkeit beider Münchner Klubs, mit den damit verbundenen, gesicherten Einnahmequellen, ist Voraussetzung für eine unproblematische Finanzierung des Großprojektes.

Rücksicht, aber keine Geschenke
"Es wäre eine Katastrophe, falls die Löwen 2005 - wenn das neue Stadion fertig ist, in der zweiten Liga spielen", erklärte Bayern-Manager Uli Hoeneß und hielt, um den Betriebsfrieden unter dem künftigen gemeinsamen Dach nicht zu gefährden, an der Selbstbeschränkung in der Personalie von Löwenstürmer Benny Lauth fest: "Wir werden sicher nicht an den Spieler herantreten, so lange er in München ist und signalisiert, dass er bei 1860 bleiben will". Erst wenn Lauth sich äußere, die Sechziger verlassen zu wollen, werde der FCB sich um den Stürmer bemühen. Dieser Vorgang verdeutlicht das Dilemma der beiden großen Münchener Vereine. Sportlich konkurrierend, muss man doch - anders als beim Rest der Liga - auf die Befindlichkeit des Anderen Rücksicht nehmen. Für das anstehende Derby sind jedoch keine wohlwollenden Gesten auf dem Platz zu erwarten - zu viel steht für beide auf dem Spiel.

André Schulin



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