Zumindest für ein Remis konnte Nürnberg sich über weite Strecken des Spiels empfehlen, das sich besonders im ersten Abschnitt als interessanter Vergleich entpuppte. Als die Kräfte der Franken aber schwanden, klappten die cleveren Briten ihr Messer aus und machten kurz vor Schluss noch große Beute. Der bessere Joker stach.
Trotz aller Sorgen in der Liga leckte sich das Frankenland nach diesem Spiel die Finger und garantierte eine waschechte Europacupatmosphäre. Nach nicht mal 30 Sekunden stockte den 44.000 allerdings schon der Atem, als Everton mit seinem ersten Angriff die Club-Abwehr überfiel: Artetas Schuss faustete Blazek direkt zum Gegner, Cahills Zweitversuch landete am Innenpfosten. Mit dieser Visitenkarte zogen sich die Briten vornehm zurück und ließen sich bereitwillig in die Konterrolle drängen. Nürnberg hatte Schwierigkeiten, dieser Bringschuld wirklich nachzukommen. Nach einer Weile erreichten die Franken aber eine konstant hohe Konzentration und arbeiteten sich stückweise weiter vor. Der fleißige Kluge vergab die beste Chance des ersten Durchgangs, als er knapp neben die rechte Torstange zielte (23.); Reinhardt versuchte es ebenfalls mal aus der Distanz. Der Respekt vor Evertons Kontern war trotzdem durchaus angebracht. Erneut Cahill etwa rauschte einmal kurz an einer scharfen Hereingabe vorbei (17.), außerdem hätte Yakubu kurz vor dem Seitenwechsel fast einen Blazek-Fehler mit dem 0:1 bestraft. Das Remis zur Pause ging somit in Ordnung, da Nürnberg mehr in die Begegnung investierte, die Briten aber das höhere Potenzial aufzeigten.
Vom Elan des ersten Abschnitts brachte der Pokalsieger nur wenig wieder zurück, auch wenn Mintal direkt nach Wiederbeginn zu einem Schuss von der Strafraumgrenze kam. Je länger die Partie dauerte, desto klarer wurde das Fehlen der notwendigen Mittel, um Evertons kompakter wie explosiver Spielweise beikommen zu können. Der typisch britische Kraftfußball schien den längeren Atem zu zeigen, mehr als ein 0:0 für den Club nicht erreichbar. Eine Viertelstunde vor Schluss griffen dann die Trainer entscheidend ein. Während Hans Meyer Stürmer Kennedy für Rechtsaußen Schmidt in die Begegnung warf, brachte auch der Coach der Gäste einen frischen und hungrigen Stürmer. Genau jener Victor Anichebe war es dann, der im Handumdrehen die Franken erledigte. Nach einem Steilpass in den Strafraum war schon Glauber dem Nigerianer nicht gewachsen und riss ihn einfach zu Boden, ehe dieser das ungleiche Laufduell mit einem Torabschluss beendete – den fälligen Strafstoß nutzte Arteta zum 0:1 (83.). Besonders exemplarisch für Evertons körperlichen Vorsprung war dann aber das 0:2, bei dem Anichebe eher unbedrohlich über rechts den Strafraum enterte, seinen Kontrahenten Mnari aber so simpel wie wirkungsvoll mit der Schulter abzuschütteln verstand. Auch der Abschluss durch Blazeks Beine dokumentierte eine maßgebliche Kaltschnäuzigkeit (88.), die am Ende den verdienten Sieger kennzeichnete. Gegen diese Waffe war Nürnberg, aller Courage und Leidenschaft zum Trotz, letztlich mittellos.
Maik Großmann
Die haben viereckige Füße. Das sind Robocops.
— Diego Armando Maradona über Norwegen bei der WM 1998