Kugelblitz gegen Nullinger

von Günther Jakobsen14:32 Uhr | 17.10.2003

Ohne ihre Teams mit teuren Stareinkäufen verstärkt zu haben, spielen der SV Werder Bremen und der VfB Stuttgart gleichermaßen erfolgreichen wie attraktiven Fußball. Was sie trennt, ist der unterschiedliche Weg zum Erfolg: Die Einen, Werder Bremen, stehen ganz oben, weil sie die meisten Tore erzielt haben (21 Treffer, wie auch die Münchner Bayern), während die Anderen sich als Meister des Tore-Verhinderns kaprizierten. Im Topspiel treffen diese Gegensätze aufeinander.

"Nullinger" Hildebrand
Ein Garant für die bislang gegentorfreie VfB-Saison ist der Stuttgarter Keeper, der seinem Ziel, sich in den kommenden Jahren für die Nationalelf zu empfehlen, mit der jüngsten Erfolgsserie näher gerückt ist: 825 Bundesliga-Minuten am Stück, davon 105 Minuten aus der Vorsaison, ist Timo Hildebrand nun ohne Gegentreffer. Der bisherige Rekordhalter, Bayern-Keeper Oliver Kahn (802 Minuten in der Saison 2002/03), warf vor seiner Wachablösung nörgelnd noch ein: "Normalerweise werden Rekorde doch innerhalb einer Saison aufgestellt". Nicht zwingend, denn beispielsweise Erfolgsserien von Vereinen oder Serien von "ununterbrochenen Spielen" einzelner Akteure werden auch Saison übergreifend gewertet. Hildebrands "Nullnummer" gilt also, wenngleich er sie natürlich nicht nur allein erreicht hat.

Stuttgarter Power-Defensivriegel
Die vor Hildebrand angeordnete Vierer-Abwehrreihe, meist in der Formation Hinkel, Meira, Bordon und Lahm aufgestellt, tat das Ihre, um den VfB-Kasten sauber zu halten. Zu den Routiniers Marcelo Bordon und Fernando Meira sowie dem längst arrivierten "jungen Wilden" Andreas Hinkel zauberte VfB-Coach Felix Magath mit Philipp Lahm erneut einen hochtalentierten Defensiv-Akteur aus dem Hut, der im Wechsel mit Heiko Gerber die linke Abwehrseite dicht machte. Selbst im Härtetest gegen Manchester United (2:1, Champions-League) ließ der Defensivriegel der Schwaben kaum Chancen des englischen Topteams zu.

Attacke aus dem Mittelfeld
Die Bremer Torgefährlichkeit geht längst nicht ausschließlich von deren Stürmern aus. Die Mittelfeldakteure Borowski, Lisztes, Stalteri und allen voran Johan Micoud (fünf Saisontreffer) trugen sich ebenfalls in die Torschützenliste ein - was das Werder-Spiel unberechenbar macht und kleinere Durchhänger sowie verletzungsabhängige Ausfälle der Stürmer auffängt. Dazu glänzt der beständig auf hohem Niveau spielende Fabian Ernst als Ideen- und Passgeber aus dem Mittelfeld.

Kugelblitz und Co.
Das alles überlagernde Thema beim SV Werder waren die Abgänge von Innenverteidiger Mladen Krstajic und Torjäger Ailton in der nächsten Saison zum FC Schalke 04. Dies sportlich annähernd kompensieren zu können, muss nun Anspruch der zweiten Reihe sein - wobei das Augenmerk besonders dem Sturm gilt. Charisteas - in der letzten Saison meist Sturmpartner Ailtons - schwächelte und musste seinen Stammplatz an Ivan Klasnic abtreten der in den letzten beiden Spielen traf. Markus Daun, Werders kämpferisch stärkster Stürmer, ist nach Verletzungspause wieder fit und als Newcomer beeindruckte der 19-jährige Paraguayer Nelson Haedo-Valdez (aus Werders Regionalligateam) bei seinen drei Kurzeinsätzen (ein Tor). Noch aber ist Ailton, Kugelblitz und unangefochtene Nummer Eins des Werder-Sturms, da - und für den wäre es immens wichtig, die Missklänge um seinen Wechsel ausgerechnet mit einem Treffer gegen die beste Abwehr der Liga verstummen zu lassen.

André Schulin



Früher hat Otto Rehhagel auf gut Deutsch geflucht: Du bist eine Arschgeige! Heute geruht König Otto etwas subtiler zu formulieren: Sie sind eine Anal-Violine!

— Max Merkel über ,,König Otto" Rehhagel.