Die Zwischenbilanz nach sieben Spieltagen liest sich für die Traditionsvereine Hamburger SV, Hertha BSC Berlin und Borussia Mönchengladbach alles andere als erfreulich. Anstelle eines Angriffs auf die Ligaspitze, wie vom HSV und Hertha angestrebt, sowie einer Etablierung im Mittelfeld - in Gladbach nach einem vermeintlichen Neustart unter dem mittlerweile abgelösten Ewald Lienen erhofft - kleben die mit großen Erwartungen in die Saison gegangenen Klubs mit jeweils fünf Punkten und ebenso wenig erzielten Toren in den Startblöcken fest.
Die Suche nach der Stammformation
Gerade die Entwicklung beim HSV gibt Rätsel auf. Das Ensemble, das sich in der letzten Saison noch auf Platz vier spielte, findet, in kaum veränderter Aufstellung, nicht den Rhythmus, mit dem die Hanseaten seinerzeit erfolgreich waren. Das verletzungsbedingte Fehlen der Stammkräfte Hollerbach und Fukal mag Probleme in der Defensive erklären, doch der Vorwärtsgang der Norddeutschen blockiert gleichermaßen. Mittelfeldregisseur Cardoso steckt im Formtief und kam erst einmal zum Einsatz. Das erhoffte Duett mit Neuzugang "Paule" Beinlich entfiel somit. Der Ex-Herthaner Beinlich, wie auch die anderen Offensivkräfte Barbarez, Takahara, Romeo, Mahdavikia und Jarolim mussten sich einer ständigen Personal- und Positionsrotation unterziehen. Bis auf Barbarez, der konstant gute Leistung ablieferte, fielen die Arbeitsnachweise der HSV-Offensivmitspieler allerdings auch durchwachsen aus. Der erste Saisonsieg am sechsten Spieltag und das nachfolgende Auswärtsremis in Berlin ließen die Zuversicht auf bessere Zeiten in Hamburg wieder steigen, die Idealformation indes wurde noch nicht gefunden.
Seelenlos
Mehr Unruhe ist da schon in Berlin zu registrieren, wo sich der Vereinsvorstand genötigt sah, ein Vertrauensbekenntnis zugunsten des Managers Dieter Hoeneß und Trainer Huub Stevens auszusprechen. Als bislang einzig noch siegloses Bundesligateam ist die Hertha, wieder einmal, auf Distanz zum eigenen Anspruch, der da lautet Champions-League-Platz, gegangen. Die Schelte ob der schlechten Ausbeute prasselt über Trainer Huub Stevens herein - der jedoch am Hauptgrund der Misere, dem Ausfall Marcelinhos (Ermüdungsbruch im Fuß), schuldlos ist. Der Brasilianer war in den letzten beiden Jahren die Seele des Hertha-Spiels und ist nicht gleichwertig, auch nicht durch eine Aufgabenverteilung auf mehrere Schultern (Hartmann, Neuendorf, Goor) zu ersetzen. Den mit viel Vorschusslorbeeren versehenen Stürmerneuzugängen Fredi Bobic und Artur Wichniarek fehlt somit der beste Berliner Vorbereiter. Die Rückkehr der Nummer zehn wird das Spiel der Hertha wieder neu beleben.
Kein "Zweiter Anzug"
Namhafte Neuzugänge konnte man sich bei Borussia Mönchengladbach nicht leisten, dennoch herrschte auf dem Bökelberg Zuversicht, sich mit dem erst im März 2003 verpflichteten Trainer Ewald Lienen aus dem Abstiegskampf vornehm heraushalten und im gesicherten Mittelfeld ansiedeln zu können. Lienens positive Bilanz (fünf Siege, vier Remis und nur zwei Niederlagen) hatte schließlich erst den Klassenerhalt gesichert. Es kam anders. Nach dem sechsten Spieltag - vier Niederlagen, ein Remis und nur ein Sieg - ereilte Lienen der erste Trainerrausschmiss der Saison. Nachfolger wurde, dank spezieller Gladbach-Vertragsausstiegsklausel, Rot-Weiß Essens Trainer Holger Fach. Ob der "Facharbeiter" Borussias Probleme kurzfristig beheben kann, ist fraglich. Mönchengladbachs Nichtabstiegsgarantie der Vorsaison, Mikael Forsell, konnte nicht gehalten werden. Darüber hinaus schleppt die Fohlenelf einen ständigen Kader an verletzten Stammspielern mit sich. Derzeit fallen Demo, Aidoo, van Hout und Kluge aus - und einen schlagkräftigen "Zweiten Anzug" hat Gladbach nicht.
André Schulin
Was man nicht sieht, kann man nicht halten.
— Claus Reitmaier