Macho, Macho

von Günther Jakobsen19:47 Uhr | 26.12.2012

Als die Austropop-Legende Rainhard Fendrich mit dem Hit „Macho, Macho“ 1988 einen großen Erfolg feierte, war der heutige schwedische Fußballstar Zlatan Ibrahimovic gerade einmal sieben Jahre alt. Aber man könnte meinen, Fendrich hätte den Song für Ibrahimovic geschrieben. „Macho, Macho kannst net lernen. Macho, Macho muss man sein. Macho, Macho sind fast immer vorn dabei.“

Lediglich der letzte Satz stimmt beim schwedischen Schwerenöter noch nicht. Denn bislang war es sein größter internationaler Erfolg, gerade dort sein, wo der Champions-League-Pokal am Ende der Saison nicht war. 2009 wechselte der Sohn eines bosnischen Vaters und einer kroatischen Mutter im Tausch für Samuel Eto’o und ein paar Millionen von Inter Mailand zum amtierenden Champions-League-Sieger FC Barcelona. Während Eto’o mit Inter eine persönliche Titelverteidigung feiern konnte, war Ibrahimovic schon im Halbfinale an seinem ehemaligen Arbeitgeber gescheitert. Und nach nur einer Spielzeit war für ihn im Camp Nou schon wieder Schluss. Und nachdem der Schwede die Katalanen verlassen hatte und zum AC Mailand gewechselt war, gewann Barca 2011 auch wieder die Champions League.

Bei den Rossoneri blieb Ibrahimovic ebenfalls nur zwei Jahre und wechselte vor dieser Saison zum neureichen Klub Paris St. Germain. Der Verein in der französischen Hauptstadt ist schon sein vierter Arbeitgeber innerhalb von nur drei Jahren. Auch seine Nationalmannschaftskarriere war eher eine On-Off-Beziehung. Die Entscheidung, nicht für das Land seines Vaters, Bosnien-Herzegowina, sondern für Schweden, das Land, in dem er geboren wurde, aufzulaufen, fiel erst, nachdem die Bosnier ihn nach einem Probetraining abgelehnt hatten. Nach der verpassten Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2010 nahm er sich für ein paar Monate sogar eine Auszeit von der Nationalmannschaft. Kritiker meinten, dass Nationaltrainer Erik Hamren dem Enfant terrible nur die Kapitänsbinde anvertraut habe, um ihn zur Rückkehr zu bewegen.

Und zunächst wurde Ibrahimovic der Rolle des Spielführers im Drei-Kronen-Team nicht wirklich gerecht. Seine für lange Zeit einzige nennenswerte Tat als Kapitän war, dass er seine Nationalmannschaftskollegen in seine Villa einlud und mit einem selbst erlegten Wildschwein verköstigte. Bei der Europameisterschaft im Sommer schien ihn die Spielführerbinde eher zu hemmen - trotz eines Traumtors im letzten, jedoch für die Schweden schon bedeutungslosen Gruppenspiel gegen Frankreich (2:0). Nach einem Doppelpass mit einem Teamkameraden hob er ab und beförderte die Vorlage aus der Luft volley ins Netz.

Der Schwede hat seine einzigartige Schusstechnik auch seiner Vergangenheit als Kampfsportler zu verdanken. In seiner Jugend übte er Taekwondo aus und holte sich als 17-Jähriger sogar den schwarzen Gürtel in der koreanischen Kampfsportart. Doch Ibrahimovic hat seine Fähigkeiten nicht immer - um es noch schmeichelhaft zu sagen - im Griff. Als er frisch beim AC Milan war, trat er im Training seinen jungen Mitspieler Rodney Strasser von hinten in den Rücken. Danach amüsierte er sich mit Ronaldinho über die Aktion: „Wir sind die Stars in dieser Mannschaft.“ Vier Tage vor der historischen Aufholjagd mit der schwedischen Nationalmannschaft in Deutschland (4:4 nach 0:4-Rückstand) hatte er im Spiel bei den Färöer (2:1) seinen Teamkollegen Christian Wilhelmsson angeschrien und soll angeblich versucht haben, den gegnerischen Kapitän Frodi Benjaminsen in den Schwitzkasten zu nehmen.

Aber Wahnsinn und Genie liegen dicht beieinander. Und im Herbst 2012 erlebte Ibrahimovic seinen persönlichen Frühling. Beim legendären 4:4 in Deutschland hatte er seine bislang beste Aktion als Kapitän der schwedischen Auswahl. Nicht etwa, als er mit dem Treffer zum 1:4 die Aufholjagd einläutete. Und auch nicht, als er mit einem gewonnenen Zweikampf den Ausgleichstreffer zum 4:4 mitvorbereitete. Sondern wenige Minuten zuvor. Der eingewechselte Debütant Tobias Sana hatte gerade eine hundertprozentige Chance zum Ausgleich kläglich vergeben, und seine Mannschaftskameraden stürmten wütend auf ihn zu. Doch Ibrahimovic nahm den Youngster in den Arm und klopfte ihn, wohlgemerkt tröstend, auf die Brust.

Im November 2012 vollbrachte er die Tat, mit der er seinen Platz in den Geschichtsbüchern des Fußballs sicher haben dürfte - zumindest in denen mit Bildern oder den Versionen für die Tablets mit Videos. Im Freundschaftsspiel gegen England (4:2) lief bereits die Nachspielzeit, als der englische Schlussmann Joe Hart aus seinem Tor herausgestürmt war, um zu klären. Ibrahimovic kam 25 Meter vor dem gegnerischen Gehäuse an den Ball und stand mit dem Rücken zum Tor. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, den Ball aus dieser Lage mit einem unglaublichen Fallrückzieher direkt aufs Tor zu feuern. Und tatsächlich landete die Kugel im Netz.

Senthuran Sivananda



Ich spiele weiterhin mit Risiko. Schließlich profitieren alle davon: Wir, das Publikum und auch der Gegner.

— Ad de Mos