Statt sich zu neutralisieren gaben sich ManU und Milan wechselweise das Zepter in die Hand und boten Europas Zuschauern einen Schaukampf der Extraklasse. Nach Ronaldos frühem Tor wurde der Rasen zur Manege für Kaka, der das Spiel mit zwei Traumtoren zugunsten Milans drehte. Die Antwort der Gastgeber kam nach der Pause und hieß Wayne Rooney. Erst traf er zum Ausgleich, dann machte er die Briten gar noch zum Sieger, als in der Schlussminute ein zweites Mal zuschlug.
Angesichts der Lehrstunde, die ManU den Landsmännern aus Rom im Viertelfinale erteilt hatte, erwartete man äußerst defensive Italiener. Milan selbst wollte wohl auch zunächst die Null sichern, stand aber gleich nach wenigen Minuten so unter Druck, dass es sich etwas einfallen lassen musste. Ronaldo stieg nach einer Giggs-Ecke am höchsten und traf mit seinem Kopfball den herausgestürmten Dida. Von seinem Körper flog das Leder mit viel Drall in Richtung Tor und konnte nicht mehr aufgehalten werden; nach vier Minuten führte Manchester mit 1:0 und setzte die Gäste auch sofort weiter unter Druck. Erst nach einer Viertelstunde hatte Milan sich ordentlich sortiert und sammelte den Mut zum Gegenangriff. Genau wie auf der anderen Seite wurde aus der ersten Chance direkt ein Treffer. Seedorf schickte Kaka auf die Reise, der eigentlich gar keine Lücke vor sich hatte, Heinze aber wie einen dummen Jungen einfach stehen ließ und aus bereits spitzem Winkel lässig ins lange Eck schoss (22.). Nun war die Platzelf konsterniert und verlor für einige Zeit komplett die Fassung, was Kaka wiederum zu einem Weltklassetor ausnutzte. Im linken Halbfeld bekam er den Ball zugepasst, drängte sich dann an Evra vorbei nach innen und flutschte so genial durch Heinze und Fletcher durch, dass die sich wie in einem Bud Spencer Film gegenseitig über den Haufen rannten. Dadurch allein vor dem Tor ließ Kaka auch van der Saar keine Chance (37.). Düpiert wie lange nicht stellten sich die Engländer ihrem Trainer.
Jetzt konnte Milan genau das zeigen, wofür es eigentlich angereist war, doch erwies sich die berechnende Defensivtaktik bald als das falsche Rezept gegen Manchesters immer wuchtigeren Kraftfußball. Das Feuer eröffnete Carrick mit einem ungeheuer knappen Fehlschuss nach einer Ecke (48.). In der Folge ergaben sich zwar einige Konter über Kaka, die allerdings nicht konsequent genug ausgespielt wurden. Genau diese Genügsamkeit wurde Milan dann zum Verhängnis, als Scholes am Strafraum das Ballgefühl eines Brasilianers bewies und mit einem Lupfer Milans prominente Abwehr komplett aushebelte. Rooney nahm das Zuspiel auf und wurde von Dida noch behindert. Ins Tor sprang der Schuss aber trotzdem (59.). Noch immer hielten die Gäste ein respektables Ergebnis in den Händen, doch machten sie den Fehler, sich nun viel zu weit zurückzuziehen und ManU anders als im ersten Durchgang kaum mehr mit Gegenangriffen zu erschrecken. Der starke Fletcher stand nur fünf Minuten nach dem 2:2 vor dem Führungstor, bevor die Heimelf dann vorwiegend durch Freistöße für Gefahr sorgte und meist auch nur knapp scheiterte (71./76.). Als Milan gerade dachte, es hätte das Remis über die Zeit gerettet, schlug es ohne Ansage doch noch mal ein. Ohne großes Aufsehen passte Giggs den Ball zu Rooney, der eigentlich sicher abgedeckt schien, aber aus einer halben Drehung heraus einfach direkt abzog und sowohl seinen Gegenspieler als auch Milans Torwart düpierte. Sekunden vor dem Schlusspfiff schaffte Manchester doch noch einen Heimsieg, der mit 3:2 zwar nicht üppig ausfiel, an den man aber zum Seitenwechsel nicht hatte glauben dürfen. Milan dagegen verhielt sich nach der eigenen Führung erstaunlich unschlau und verschlechterte seine Karten für das Rückspiel ein wenig fahrlässig. Dennoch hatte es in gleichem Maße zu einem großen Fußballspiel beigetragen.
Maik Großmann
Ich bin glücklich mit meinem Leben. Und mein Hund muss auch regelmäßig raus.
— Matthias Sammer bei Magenta TV auf die Frage, ob er Nachfolger von Oliver Bierhoff als Manager der deutschen Nationalmannschaft wird.