Marcello und die Wölfe

von dpa26.01.2007 | 16:39 Uhr

Einige Transfers füllten die Nachrichtenlücke in der spielfreien Zeit zwischen den Halbserien. Den spektakulärsten stellte sicherlich die Rückkehr Marcelinhos in die Bundesliga dar. Der Brasilianer bringt fußballerisch alles mit, das Spiel der Wolfsburger attraktiver und druckvoller zu gestalten.

Nicht integriert
Marcelinhos halbjähriges Engagement beim türkischen Erstligisten Trabzonspor (nach der Hinserie nur auf Platz 13, zwei Punkte oberhalb der Abstiegsränge) war nicht von Erfolg gekrönt. Nach verpatztem Saisonstart wurde seine Lage beim Schwarzmeerklub noch dadurch erschwert, dass der brasilianische Trainer Lazaroni seinen Hut nehmen musste und durch den türkischen Übungsleiter Dogan ersetzt wurde. Fortan hatte Marcelo dos Santos Paráiba (Marcelinho) mehr Defensivaufgaben zu erledigen, durfte nicht mehr regelmäßig im zentralen Mittelfeld ran und konnte nach eigenen Angaben „Noch nicht ansatzweise mein Können abrufen.“

Keine Rachegelüste
Sein Ex-Klub Hertha BSC kam mit der Trennung besser klar; Bastürk und Co. füllten die im Mittelfeld erwachsene Lücke. Jahrelang stand und fiel die Hertha mit der Tagesform Marcelinhos, der zwischen 2001 und 2006 in 155 Spielen 65 Tore für die Berliner erzielte. Eine stolze Zahl, und nicht selten waren es Treffer zum Zungeschnalzen, die vom exzellenten Umgang des Spielers mit der Kugel zeugten. “Sportlich ist es ein großer Verlust, aber aus meiner Sicht gab es keine andere Entscheidung. Er hat uns große Momente beschert, das werden wir ihm nicht vergessen, aber er hat uns auch viele Probleme bereitet”, sah Hertha-Geschäftsführer Dieter Hoeneß zwiespältig auf die Zusammenarbeit mit dem zuletzt unzuverlässigen Brasilianer zurück. Groll hat die Trennung nicht erzeugt, auch nicht bei Marcelinho. „Falko Götz und Dieter Hoeneß sind einfach sehr faire und herzensgute Menschen.“

Die Wölfe schnappten zu
Im November 2006 antwortete Marcelinho auf die Frage, ob er sich eine Rückkehr in die Bundesliga vorstellen könne: „Ich bin jetzt 31 Jahre alt und habe hier in Trabzon einen Vertrag bis 2009. Aber im Fußball sollte man niemals nie sagen.“ Diese Botschaft, sowie die Notwendigkeit, im kreativen Bereich aktiv zu werden, schien den Wolfsburger Verantwortlichen wie eine Fügung des Schicksals. Man fand schnell zueinander; Dortmunds ebenfalls erwachtes Interesse an einer Verpflichtung des Brasilianer in der Winterpause kühlte indes schnell ab (Geschäftsführer Watzke: „Uns fehlt das deutliche Signal, dass Marcelinho unbedingt zum BVB will.“). Nun also Marcello und die Wölfe. Augenthalers Erwartungen („Mit Marcelinho wird unser Spiel variabler und er ist torgefährlich“) könnten sich erfüllen und den Wolfsburger Fans dürften die Worte des Spielmachers „Es macht Spaß, mit der Mannschaft zu spielen und zu trainieren. Wir wollen schönen Fußball zeigen“ wie eine Verheißung erscheinen. Dass es im ersten Pflichtspiel ausgerechnet in die alte Heimat, nach Berlin, geht, macht Marcelinhos Rückkehr umso reizvoller. „Ich kann mir vorstellen, dass er übermotiviert ist“, glaubt Klaus Augenthaler. Immerhin kann Marcelinho seine Nervosität mit dem Teamkollegen Alexander Madlung teilen, auch der spielte in der letzten Saison für die Hertha.

André Schulin