Maximaler Nervenkitzel

von Günther Jakobsen10:13 Uhr | 13.03.2008

Nach einer Stunde noch führte die Werkself in Hamburg mit 2:1 und wähnte sich schon sicher im Viertelfinale. Der HSV aber gab sich nicht auf, sondern quälte sich so lange weiter, bis er zehn Minuten vor Schluss nur noch ein einziges Tor benötigte. Weil das nicht mehr fiel, war es am Ende dann doch Bayer Leverkusen, das nach einem packenden Europacupabend eine Runde weiter kam. Auf die denkbar knappste Weise.

Schon die Anfangsphase hatte es in sich, denn genau wie der HSV so bald wie möglich das 0:1-Hinspiel wettmachen wollte, spekulierte Bayer auf ein zeitiges Auswärtstor, um der Heimelf sofort den Wind aus den Segeln zu nehmen. Kießling (2.) und Gekas (7.) hätten dies beinahe auch schon geschafft, ehe auf der anderen Seite Rene Adler einen Schuss von Guerrero meistern musste, dann Olic aus günstiger Nachschusslage vergab (10.) und gleich darauf van der Vaart freistehend am Kasten vorbeischoss. Die Führung für die Hanseaten schien nun wirklich fällig, und das obwohl das Team von Huub Stevens an etlichen Stellen hatte geflickt werden müssen. Doch Bayer funkte dazwischen. Nach einem Foul von Olic brachte Barnetta einen messerscharfen Freistoß in den Strafraum, wo gleich mehrere Gästespieler ungedeckt waren und schließlich Sergej Barbarez, der sich im alten Wohnzimmer nicht zu jubeln traute, das 0:1 gelang (18.). Der HSV war nicht begeistert, nahm sein Schicksal aber an. Noch vor der Pause hätte es mindestens 1:1 stehen können, nachdem einmal Olic aus Versehen und ein anderes Mal van der Vaart nach einer guten Atouba-Flanke Rene Adler zu Glanzparaden zwangen. Bayer wiederum überzeugte mit cleverem Stellungsspiel und hatte sich sein wertvolles Tor bislang auch verdient. Auch hätte die Werkself schon einen Schritt weiter sein können, wenn der spanische Schiedsrichter nach Guerreros Ellbogenattacke gegen Vidal die Rote Karte gezogen hätte (32.).

Nur ein zügiges Tor konnte Hamburg ins Spiel zurückbefördern, und tatsächlich sollte dieses auch fallen. Gerade hatte Olic eine gute Gelegenheit verstreichen lassen, als Piotr Trochowski, eben erst eingewechselt, aus einem Gewühl vor dem Strafraum heraus zum Schuss kam und genau in die rechte Ecke traf (53.). Was nun geschah, stellte beiden Teams ein glänzendes Zeugnis aus. Nur zwei Minuten später nutzte Leverkusen seine erste Chance des zweiten Durchgangs eiskalt zur erneuten Führung, da Mathijsen und Rost den davongeeilten Gekas nicht stoppen konnten (55.). Auch das aber steckte der HSV weg und setzte, nachdem er sich nach der kalten Dusche kurz geschüttelt hatte, bald den Hebel neu wieder an. Ein schöner Rechtsschuss von Guerrero bedeutete das 2:2 und damit das Signal zu einer beherzten Schlussoffensive (64.). Noch immer hatte Bayer beste Karten und schien das Duell mit einem weiteren Treffer auch jederzeitig endgültig entscheiden zu können. Komfortabel aber war der Spielstand trotzdem nicht mehr. Nur noch der HSV, angetrieben von den 40.000 Fans und einem immer entschlosseneren van der Vaart, drückte aufs Pedal und erzwang sich auch weitere Chancen: Guerrero (68.), van der Vaart (72.) und Mathijsen (79.) vergaben. Zehn Minuten vor Ende dann wand sich Guerrero, der eigentlich nicht mehr auf dem Platz stehen durfte, im Strafraum an Rolfes vorbei und legte seinem Kapitän den Ball auf den Fuß – 3:2 (80.). Die Dramatik erreichte damit ihren Höhepunkt; Hamburg drückte immer weiter, Bayer konnte nur noch verteidigen. Nach zehn Minuten des Mauerns, in der keine große Chance mehr zustande kam, rissen die Gäste dann aber doch die Arme in die Luft. „Mit zwei blauen Augen“, wie der klatschnasse Michael Skibbe offen zugab, hielt Leverkusen das 3:2 und erreichte dank seines 1:0 im Hinspiel die Runde der letzten Acht.

Maik Großmann



Mir könne net mit dem Scheckbuch umgehen wie Andere des können.

— Klaus Schlappner, SV Waldhof, im ,,Aktuellen Sport-Studio" des ZDF