Mehr als nur ein Punktspiel

von dpa31.08.2007 | 17:08 Uhr

Riesig war die Freude der Badener, nach neun Jahren Abstinenz wieder in die Erstklassigkeit zurückzukehren. Dem Überraschungscoup aus Nürnberg zum Saisoneinstieg folgten die Ernüchterungen gegen Hannover und Leverkusen. Das lang herbeigesehnte Treffen mit dem Lokalrivalen VfB Stuttgart wird von verstärkten Sicherheitsvorkehrungen begleitet.

Aus dem Ruder gelaufen
„Wir wollen uns auf dem Platz sportlich mit dem VfB messen“, plädiert KSC-Coach Edmund Becker für eine angemessene Auseinandersetzung mit den Gästen, wohl wissend, dass während der Bundesliga-Aufstiegsfeier seitens der Karlsruher unnötig Öl in das emotionale Feuer gekippt wurde. KSC-Profis hatten öffentlich inakzeptable Schmähgesänge gen Stuttgart intoniert, wofür sich die Vereinsführung in einem offenen Brief an den VfB Stuttgart entschuldigte. Angeblich ist die übergroße Rivalität zwischen Badenern und Schwaben auf Napoleon Bonaparte zurückzuführen, unter dessen Regentschaft Württemberg einst zum Königreich emporstieg (1806-1918), derweil Baden lediglich sein Dasein als Großherzogtum fristen musste. Auch die Verschmelzung zum gemeinsamen Bundesland Baden-Württemberg (1952) wurde seinerzeit vom Großteil der Badener nicht mitgetragen; sie mussten sich jedoch bei der anberaumten Abstimmung einer Mehrheit beugen. In den Duellen der führenden Fußballklubs beider Regionen findet diese interessanterweise immer noch gehegte Rivalität ein Ventil.

Schäfer scheiterte am Stallgeruch
Den letzten BL-Vergleich, im Mai 1998, entschied der Karlsruher SC mit 4:2 für sich. Damals stand VfB-Held Guido Buchwald (elf Bundesligasaisons bei den Schwaben, 1983-94) im Herbst seiner Karriere im Kader der Badener und war voll akzeptiert. Keine Selbstverständlichkeit, wie Winfried Schäfer feststellen musste, der als KSC-Trainer fast zwölf Jahre lang den Rückhalt im Badenland genoss. Sein Wechsel zum Rivalen VfB Stuttgart stand von Beginn an unter keinem guten Stern - zum Großteil darin begründet, weil fanatische schwäbische Anhänger Schäfer aufgrund seiner badischen Vorgeschichte ablehnten. Die sportliche BL-Bilanz spricht eine deutliche Sprache: Sieben Karlsruher Siegen stehen 24 der Stuttgarter entgegen, dazu kommen neun Unentschieden.

Ligatauglichkeit unter Beweispflicht
Ohne Frage gingen die Karlsruher mit einem beachtlichen Handikap in die neue Saison. Mittelfeldspieler Giovanni Federico avancierte in seinen beiden KSC-Jahren zu einem kaum ersetzbaren Leistungsträger des Teams. 33 Tore (!) erzielte er und leistete die Vorarbeit zu 22 weiteren Treffern - Federicos Wechsel zum BVB ist ein herber Verlust. Der ungarische Nationalspieler Tamas Hajnal (kam aus Kaiserslautern) soll helfen, die Mittelfeld-Lücke zu stopfen. In Nürnberg klappte das bereits beachtlich (zwei Treffer). Nach einer Muskelfaserverletzung ist Hajnals Einsatz gegen Stuttgart allerdings fraglich. Als eine Verstärkung des Angriffs verpflichtete man den georgischen Auswahlspieler Alexander Iashvili, für den zeitgleich mit dem Ende der Ära Finke in Freiburg auch das Kapitel SCF endete. Mit Christian Timm (Greuther Fürth) wurde ein weiterer Zweitliga-Goalgetter neu ins Boot geholt, der, wie Iashvili, auch schon Erstligaerfahrung aufweist. Während Timm regelmäßig auf der rechten Außenbahn (Mittelfeld) in der Startelf stand, konnte sich Iashvili als zentrale Offensivkraft noch nicht behaupten. Insgesamt schwächelte der KSC in seinen ersten Bundesligaspielen, abgesehen vom Auftaktsieg in Nürnberg. „Wir waren in vielen Dingen nicht erstligatauglich“, musste Edmund Becker gar nach dem Gastspiel in Leverkusen eingestehen. Ausgerechnet gegen Stuttgart dürfte er dies Statement wohl ungern nochmals bemühen müssen.

André Schulin