Am Ende gab es eine etwas dumme Überraschung für den Favoriten aus Frankreich. Lange 1:0 geführt, putzig und ohne Druck versucht, das Ding zu halten, aber von Südkoreanern letztlich noch einmal ausgetrickst. Lange Gesichter machend, denn vorausblickend gegen Togo war plötzlich Zidan (zweites Gelb) gesperrt und es musste nun unbedingt ein Sieg gegen die ebenfalls unbequemen Afrikaner im letzten Vorrundenspiel her.
Ein abgeblockter Wiltord-Durchbruch in der 6. Spielminute hatte bereits gewisses Format und deutete stürmische Franzosen an, die nach dem trägen 0:0 gegen die Schweiz arg in die Kritik geraten waren. Drei Minuten später legte Wiltord auf Thierry Henry ab, der kaltblütig zum 1:0 einschoss. Besser hätte es für den Favoriten kaum losgehen können, auch erste zaghafte Angriffe der Asiaten wurden in der Folgezeit sicher beherrscht. Es dauerte zudem bei Südkorea zu lange mit dem Überbrücken des Mittelfeldes und vorne standen ihnen die Blauen effektiv auf den Füßen. Erst ein verunglückter Gallas-Kopfball brachte etwas Gefahr für Keeper Barthez, segelte aber einen knappen Meter übers Gestänge (22.). Frankreich gab das Zepter jedoch in dieser Phase nie aus der Hand und hatte mehr interessante Offensivaktionen. So auch in der 28. Minute, als Henry in einem Zweikampf im 16er zu Fall kam, doch die Pfeife des Schiris schwieg zurecht. Die ganz in rot angetretenen Koreaner teilten zwischenzeitig immer wieder ganz gut aus, ohne den Druck der Franzosen eindämmen zu können. Glück hatte das Team zudem bei einem Viera-Kopfball, den nach Ansicht der TV-Bilder Schlussmann Lee erst hinter der Torlinie erwischte (32.). Fünf Minuten später flatterte ein Freistoß von Chun-Soo Lee durch den Strafraum, aber auch an Freund und Feind sowie um einen knappen Meter am französischen Pfosten vorbei. Es war der erste und letzte Torschuss der Koreaner im ersten Durchgang. Vor den Gehäusen beider Mannschaften tat sich vor der Pause kaum mehr etwas, das Spiel war nämlich inzwischen im Mittelfeld erstarrt und taumelte nur noch unergiebig in den Halbzeitpfiff hinein.
Im zweiten Durchgang war es wieder Wiltord, der sich nach 53. Minuten zu einem Torschuss aufmachte, der indes einige Schritte neben dem linken Pfosten im Toraus einschlug. Das Spiel trudelte ansonsten auch nach der Pausenerfrischung launig hin und her, wollte nicht mehr wieder so recht zünden. Das Ergebnis schien beiden Teams bereits irgendwie zu schmecken, hatten die Koreaner im letzten Spiel ja immerhin noch die Schweizer vor sich, denen man sich vielleicht eher gewachsen fühlte. Kontrollierte Bemühungen hatten Konjunktur. Bei den Franzosen war der kurzweilige Schwung aus dem ersten Durchgang völlig raus, während die Kicker aus dem Gastgeberland der 2002-WM einfach nicht gefährlich vor das Tor ihres Gegners kamen. Nach 74 Minuten versuchte es Malouda aus der Distanz, während die Asiaten immer noch keinen Schuss auf das Tor von Barthez zuwege gebracht hatten. Dong Jin Kim leitete mit seinem Kopfball auf Barthez (80.) den überraschenden Ausgleich ein. Beim nächsten Spielzug klingelte es, nachdem Ji Sung Park mit der Stiefelspitze nach einem Angriff über rechts und einer Kopfballvorlage von Jae Jin Cho zuletzt am Ball war und aus kurzer Entfernung ins lange Eck lupfte (81.). In der 85sten hatten die wiedererwachten Franzosen durch Henry nach einem Geniepass von Zidane den erneuten Vorsprung auf dem Fuß, Torwart Lee aber wehrte reaktionsschnell ab. Plötzlich brannte die Partie, denn die bislang minimalistisch agierende Korea-Elf war weiterhin hellwach. Alles war nun drin. Ein letzter Freistoß von Ahn, der reichlich in Toraus ging, war die letzte Aktion einer intensiven, aber keineswegs hochklassigen Schlussphase, die für die Franzosen mit einem wenig schmeichelhaften 1:1 endete. Südkorea hatte offensiv zwar viele Mängel offenbart, stand defensiv allerdings auch recht stabil.
Ulrich Merk
Mir ist zugute gekommen, dass Selbstvertrauen schon immer mein ganz großes Hobby war.
— Ansgar Brinkmann