Nach der mit Bravour absolvierten vergangenen Saison sollte Arminia Bielefeld eigentlich nicht zu den besonders abstiegsgefährdeten Teams gerechnet werden. Der Aderlass an Leistungsträgern lässt jedoch eine andere Einschätzung kaum zu.
Deutlich besser als erwartet
Am Ende wurde es zwar nur Platz 13, aber entgegen den Prognosen der meisten Experten hatte Neuling Arminia Bielefeld in der vergangenen Saison mit dem Abstieg nichts zu tun. Die Ostwestfalen sammelten die nötigen Punkte selbst gegen Klubs, die um die internationalen Plätze rangelten, wie Hertha, Werder, Leverkusen und Bayern. Trainer Uwe Rapolder, der Arminia zurück in die Bundesliga führte, ließ einen Fußball spielen, der den Fähigkeiten seines Teams entsprach: Aus einer tief gestaffelten Abwehr wurde bei Balleroberung blitzschnell - meist über die Schaltzentrale Skela - gekontert. Mit einer von ihm zuvor nicht bekannten Treffsicherheit haute Delron Buckley die Dinger rein.
Der Fluch der guten Leistungen
Die guten Vorstellungen - im DFB-Pokal erreichte man immerhin auch das Halbfinale - hatten aber mitnichten nur positive Folgen. Andere, zahlungskräftigere bzw. -bereitere Klubs wurden aufmerksam und der Ausverkauf begann: Die Stammkräfte Owomoyela (Werder), Skela (Kaiserslautern), Buckley (Dortmund), Lense (Nürnberg) und Talent Langkamp (Wolfsburg) wechselten den Arbeitgeber. Übungsleiter Uwe Rapolder, während der Saison von konkurrierenden Vereinen umworben (Gladbach, Wolfsburg und Kaiserslautern wurden genannt), sah schließlich bei Aufsteiger 1. FC Köln die besseren Perspektiven: „Nach all den Abgängen fehlte mir die Kraft, nochmals durchzustarten. Wenn schon ein Neuanfang, dann bei einem neuen Verein in einem neuen Umfeld.“ Bielefeld quittierte diese Entscheidung mit der vorzeitigen Trennung von Rapolder.
Neustart mit von Heesen
Als Nachfolger präsentierte die Arminia eine interne, bereits erprobte Lösung: Thomas von Heesen tauschte erneut Sakko gegen Trainingsanzug. Und diese kurzfristig angesetzte Maßnahme wurde manifestiert. Von Heesen gab den Job als Sportdirektor auf, hierfür wurde Reinhard Saftig verpflichtet, und übernahm wie schon 1998 das Traineramt bei den Ostwestfalen. Neun Neuzugänge konnte er bislang begrüßen, darunter die Bundesligaroutiniers Bernd Korzynietz (von Gladbach) und Nebosja Krupnikovic (Hannover), sowie dem beim FC Bayern kaum eingesetzten Tobias Rau, der sich in Bielefeld neu beweisen will. Ohne Erfahrungen in deutschen Spielklassen sind der tschechische Mittelfeldspieler David Kobylik (von Sigma Olmütz), der für die rechte Außenverteidigung eingeplante Schweizer Christian Schwegler (FC Luzern) und der Südafrikaner Sibusiso Zuma (FC Kopenhagen). „Zuma the Puma“ - so der Spitzname des Stürmers - soll es, so hofft man in Bielefeld, seinem Landsmann Delron Buckley gleichtun. Dazu kommen Heiko Westermann (Greuther Fürth), Heiner Backhaus (eig. Jugend) und Torwart Pascal Formann (Nottingham Forest).
Im Bremer Weserstadion, wo möglicherweise das Wiedersehen mit dem Ex-Arminen Patrick Owomoyela ansteht, wartet zum Saisonauftakt auf von Heesen und seine neu formierte Elf gleich ein echter Härtetest. Keines der bisherigen zwölf Gastspiele konnten die Bielefelder gewinnen. Ein einziger Punkt (2:2 im Januar 2003) steht auf der Habenseite.
André Schulin
In der Regel habe ich drei Meinungen. Eine für mich, eine für den Präsidenten und eine für die Presse.
— Volker Finke