Neururers Wirkungstreffer

von Günther Jakobsen15:13 Uhr | 24.10.2003

Die Verbindung Peter Neururers mit dem VfL Bochum passte bislang wie Deckel auf Pott. Der Fußballlehrer wertete sein Renommee auf und der gefestigte VfL entfaltete seit dem Wiederaufstieg spielerische Qualitäten, die für den Klassenerhalt allemal genügen sollten.

Job als Herzensangelegenheit
Der VfL Bochum, ständig im Schatten der benachbarten, traditionsreicheren Ruhrpottgiganten Schalke 04 und Borussia Dortmund, verkörperte jahrzehntelang fußballerisches Mittelmaß dergestalt, dass die Begriffskombination Bundesliga + „Graue Maus“ automatisch den Verein vom Ruhrstadion auswarf. Die beste Erstligaplatzierung gelang in der Saison 1996/97, als man unter Trainer Klaus Toppmöller Fünfter wurde und in den UEFA-Cup einzog. Danach ergraute der VfL wieder in vertrauter Durchschnittlichkeit und strandete ein weiteres Mal (der vierte Abstieg) in den Niederungen der Zweitklassigkeit. Im Dezember 2001, als Trainer Bernhard Dietz das Handtuch warf, war Peter Neururer zur Stelle, outete sich selbst als Idealbesetzung („Ich tendiere grundsätzlich zu Traditionsvereinen aus dem Ruhrgebiet. Daran hängt mein Herz)“, und wuppte - wenn auch erst am letzten Spieltag und mit etwas Dusel - den Wiederaufstieg.

Gelungenes Comeback
Anschließend formulierte Neururer für den VfL Ziele in der Bundesliga, die deutlich über dem „Halten der Klasse“ hinausgingen. Nach glänzendem Start in die Saison 2002/03, mit zehn Punkten aus den ersten vier Spielen (Torverhältnis 12:3) und drei Spieltagen als Tabellenführer, mussten Neururer und seine Bochumer erkennen, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Spitzenplatzierungen ließen sich nicht dauerhaft halten, aber der VfL war stabil und musste nicht einen Spieltag lang einen Abstiegsrang einnehmen. Als es zum Saisonende hin kritisch wurde, gelang ein rasanter Endspurt: Vier Siege und zwei Unentschieden aus den letzten sechs Spielen führten zu Platz neun - einen Zähler hinter den UI-Cup Rängen. Das Saisonfazit: Neururer hatte ein Team geformt, das spielerisch - insbesondere im Konterspiel - zu gefallen wusste, die zweitmeisten Tore der Liga erzielt hatte (55), jedoch zuviel Gegentreffer (56) kassierte. Thomas Christiansen sicherte sich im VfL-Trikot, gemeinsam mit Bayerns Giovane Elber, die Torjägerkrone (21 Treffer).

Wirkung erzielt
Nachdem Torgarant Christiansen den VfL `gen Hannover verlassen hatte, verpflichtete Neururer als Nachfolger den dänischen Nationalspieler Peter Madsen, der in Wolfsburg nach Verletzungspech keine Chance mehr bekam. Ein Glücksgriff - denn der Däne traf bereits fünf Mal für Bochum. Dass die Abwehr-Probleme der vergangenen Saison reduziert werden, war dem VfL-Übungsleiter ein wichtiges Anliegen. Die positive Entwicklung der beiden Bochumer „Team 2006“-Abwehrspieler (WM-Perspektivelf des DFB) Philipp Bönig und Frank Fahrenhorst spricht auch hier für Neururer`sche Wirkungstreffer. Apropos - mit seiner Meinung hält der gebürtige Marler, trotz erwiesener Zurückhaltung im Sprücheklopfen, nicht hinterm Berg: „Die Art und Weise wie der Wechsel in die Wege geleitet und durchgezogen wurde, halte ich für geradezu pervers“, kommentierte er im September die Ablösung des Kollegen Ewald Lienen bei Gladbach. Ein Abschied Neururers aus Bochum wäre es zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch.

André Schulin



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