Man sollte das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist - Braunbär Bruno, auch JJ1 genannt, demonstriert diese Weisheit derzeit in quicklebendiger Realität (Stand 24. Juni). Übersetzt auf das Achtelfinale der Deutschen gegen die Schweden heißt das: Trotz der in den letzten Jahren zufrieden stellenden Ergebnisse der DFB-Elf gegen die Skandinavier ist Vorsicht geboten; ganz davon abgesehen, dass die Schweden in der Gesamtbilanz die Nase noch knapp vorn haben (13 Siege, 12 Niederlagen und 6 Remis).
Ein paar Podestplätze
In der internationalen Fußballwelt haben die kosmopolitischen, sportbegeisterten Schweden seit jeher ihren festen Platz. Sie zählten 1904 zu den sieben Gründernationen der FIFA, ließen sich allerdings ein paar Jahre Zeit, bis das erste offizielle Länderspiele im Juli 1908 verzeichnet werden konnte (11:3 gegen Norwegen). Bei der WM 1938 erreichten die Skandinavier das Halbfinale und sicherten sich bei den Turnieren 1950 und 1994 den dritten Platz. 1958 waren sie WM-Ausrichter und spielten sich, getragen vom enthusiastischen Heimpublikum, bis ins Finale vor, das allerdings gegen die klar überlegenen Brasilianer mit 2:5 verloren ging. Zuvor hatten sie im Halbfinale die Deutschen, die 54er-Weltmeister mit Kapitän Fritz Walter und Trainerfuchs Sepp Herberger aus dem Turnier geschmissen.
Immer das gleiche Schema?
Prominentester schwedischer Spieler in der 58er-Vizeweltmeisterelf war Stürmer Kurt Hamrin, dessen Extraklasse ihm gut dotierte Verträge in Italien einbrachte (Juventus Turin, AC Mailand, AC Florenz). Hamrin war aber nicht nur als Fußballer erfolgreich, auch im Eishockey brachte er es bis in die Nationalelf. In mangelnder Variabilität sieht der einstige schwedische Weltstar das größte Manko des aktuellen Drei-Kronen-Teams. Zu stereotyp sei Schwedens Spiel, meint er, und hofft, dass Zlatan Ibrahimovic zum Deutschlandspiel wieder einsatzfähig und voll belastbar ist. „Es sieht ganz gut aus“, merkte Schwedens Trainer Lars Lagerbäck zur Personalie des Juve-Stürmers an. Auch Lagerbäck war beunruhigt, als nach den beiden ersten Gruppenspielen (0:0 gegen Trinidad & Tobago, 1:0 gegen Paraguay) seine in der Qualifikation noch so starke Sturmabteilung (30 Treffer) nur einmal zulangen konnte.
Klangvolle Namen in der Offensive
Mit Ibrahimovic, Fredrik Ljungberg (FC Arsenal) und Henrik Larsson (noch Barca, nächste Saison bei Helsingborg) ist Schwedens Offensive bestens besetzt. Der in seiner Rostocker Zeit glücklose Marcus Allbäck (FC Kopenhagen) zeigte zudem aufsteigende Tendenz und konnte während des bisherigen WM-Verlaufs als Aktivposten verzeichnet werden. Gleiches gilt für den schnellen Christian Wilhelmsson (RSC Anderlecht), der während seiner Teilzeiteinsätze immer wieder Lücken in die gegnerische Abwehrreihen riss. Mittelfeld und Abwehr, in der Kapitän Olof Mellberg (Aston Villa) den Ton angibt, vermittelten einen soliden Eindruck. Mit der Rückkehr von Andreas Isaksson (Stade Rennes), der im ersten Gruppenspiel wegen einer Gehirnerschütterung aussetzen musste, konnte Lagerbäck in der Torwart-Position wieder auf die etatmäßige Nummer eins zurückgreifen. Im Spiel gegen England (2:2) zeigten die Nordmänner zwei Gesichter: harmlos in der ersten Halbzeit, dynamisch nach dem Wechsel. Wollen die Deutschen nicht unangenehm überrascht werden, sollten sie sich auf das zweite Gesicht vorbereiten.
André Schulin
Bei dem körperlichen Unterschied zwischen Mitrovic und Shaquiri reicht's wenn der Serbe ausatmet.
— Bela Rethy Nachdem der Schweizer Xherdan Shaquiri nach einem Zweikampf mit Serbiens Aleksandar Mitrovic sehr leicht und schnell gefallen war.