Noch in der Findungsphase

von Günther Jakobsen15:07 Uhr | 23.09.2005

Endlich hatte der VfB Stuttgart den richtigen Spielrhythmus gefunden, da erwiesen sich die Gäste aus Hamburg als Spielverderber und klauten die Punkte. Trapattoni und seine Schwaben blieben nach sechs Partien auf ebenso vielen Zählern sitzen. Kein guter Start für ein Team, an dem noch einiges zu feilen ist.

Experiment statt bewährter Mauer
In der Saison 2003/04 avancierte das Tor der Stuttgarter zum Hochsicherheitstrakt der Liga: nur 24 Mal überquerte das Leder die Torlinie der Schwaben. Ein viel bewunderter und gepriesener Wert, der in der Bundesligageschichte nur einmal (1987/88, Werder Bremen, 22 Gegentore) unterboten wurde. Nach dem Abgang der Schlüsselspieler Kuranyi, Hleb und Lahm deutete die Verpflichtung von Giovanni Trapattoni - der als ausgewiesener Fürsprecher einer betont defensivstarken Taktik bekannt ist - darauf hin, dass sich die neu formierten Schwaben wieder als Bollwerk aufstellen würde. Trapattonis Vorgehen jedoch überraschte. Er wechselte Soldo, den Organisator der Stuttgarter Defensive, am ersten Spieltag vorzeitig aus und ließ ihn im nächsten Spiel (2:3-Heimniederlage gegen Köln) ganz draußen.

Grünes Licht für Soldo
Die Mannschaft müsse lernen, auch einmal ohne ihren „Kopf“ auszukommen, begründete Trapattoni die Maßnahme, die alles andere als stures Sicherheitsdenken offenbarte. Allerdings ging es schief. „Soldo ist wie eine Ampel. Er kontrolliert das Verkehrsgeschehen auf dem Platz“, bekannte der VfB-Trainer und ließ den zweibeinigen Verkehrsregler wieder schalten. Zwischendurch hatte Angriffswirbler Cacau Rot gesehen, die Zwangspause jedoch genutzt, sich eine Knieoperation zu gönnen. Er verpasste somit bis einschließlich des fünften Spieltages die Chance zur Feinabstimmung mit den neu verpflichteten Sturm-Dänen Grönkjaer und Tomasson, deren erste Ligaauftritte sich viel versprechend darstellten. Auch die Nachwuchsleute Gentner und Gomez dankten für ihre regelmäßigen Teilzeiteinsätze mit zufrieden stellenden Vorstellungen.

In der Zwickmühle
Richtig rund lief es beim VfB bislang allerdings nicht, was nicht nur am unbefriedigenden Punktstand (sechs Zähler) fest gemacht werden kann. Von den sechs absolvierten Spielen müssen mindestens zwei als glatte Enttäuschung (die Heimpleiten gegen Köln und Bielefeld) gewertet werden. Der einzige Saisonsieg (3:2 in Mainz) kam glücklich zustande und auch mit dem Auswärtspunkt in Bremen war man gut bedient. Trapattonis Erkenntnis, dass das HSV-Spiel Fortschritte gebracht habe, kann man teilen. Leider, aus Stuttgarter Sicht, ging es dennoch verloren. Das Problem: Der Italiener hat seine Idealelf noch nicht gefunden. „Ich wollte neue Wege aufzeigen, muss aber Ergebnisse haben“, beschreibt „Trap“ die Zwickmühle, in der er steckt. Möglich, dass er noch in dieser Saison die Kurve kriegt. Aber mit einer neuen Gegentor-Bestmarke wird es wohl in dieser Saison für den VfB nichts mehr werden.

André Schulin



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— Wolff Fuß, SAT 1, beim Supercup-Finale BVB - FC Bayern, 2021.