Europa kickt wieder. In Skandinavien, Irland und Russland rollt die Kugel schon länger, Celtic ist bereits nach dem ersten Spieltag Tabellenführer, Spanier und Italiener lassen sich gerne noch Zeit. Die heimische Bundesliga ist nächste Woche erst dran, während andere schon heute die Saison eröffnen. Am Abend trifft Frankreichs Serienmeister Olympique Lyon auf den FC Nantes. Ist die französische Liga überhaupt noch spannend? Die Konkurrenz winkt ab.
Seriensieger sind langweilig: Wenn ein Abo-Meister den Sekt schon vor der Saison in die Kühlung schiebt, dann kann von Spannung wahrlich nicht die Rede sein. Die Konkurrenz erstarrt vorsorglich in Ehrfurcht und beobachtet ohnmächtig, wie der Vorsprung eines Über-Klubs immer weiter in die Höhe schnellt. Nach dem fünften Spieltag ist die Sache schon gegessen, für den Rest der Saison ist Zuschauen angesagt. Die üblichen Rangeleien um die verbliebenen Plätze toben dann lediglich im Schatten der Erwartung. – So regelmäßig geschehen in Frankreich: Frust und Ratlosigkeit, denn seit fünf Jahren kennt die Ligue 1 nur einen Gewinner: OL.
Wer hat noch nicht...
Noch vor dem regulären Ligastart hat Olympique Lyon bereits den nächsten Grund zum Feiern. Die Mannschaft von Trainer Gerard Houllier hat am 30. Juli den französischen Liga-Pokal (zum fünften Mal in Folge) gewonnen. Im Elfmeterschießen gegen Cupsieger Paris St. Germain bewies der Meister routinierte Nervenstärke. Nicht einmal in der Glückslotterie des Fußballs zieht Lyon eine Niete. Die Ligarivalen wissen, was ihnen droht und erklären sich im Angesicht dieser Stärke kollektiv für machtlos. Vorfreude auf die neue Saison? Letztes Jahr betrug der Vorsprung 15 Punkte, mehrere Spieltage vor Schluss war die Luft schon raus – worauf sollte sich da einer freuen.
Obwohl – einer, der die letzten Jahre im Ausland gespielt hat, der den Ligaalltag also nur aus Presse und Fernsehen kennt, für so einen Heimkehrer könnte es vielleicht doch noch Gründe zur Freude geben. Der Ex-Bremer Johan Micoud ist bei seinem „Traumverein“ angekommen und verkündet – er hat die Lage wohl noch nicht ganz durchschaut –, sein neuer Arbeitgeber Girondins Bordeaux sei „eine starke Mannschaft und werde Lyon die Stirn bieten.“ Der Trainer des Vizemeisters teilt nicht die Meinung seines neuen Schützlings und tritt sanft aber bestimmt auf die Euphoriebremse: „Lyon ist eine Welt für sich. Sie haben alle Voraussetzungen, um die Liga weiterhin zu dominieren. Ein Hauch von Resignation durchtränkt seine Worte.
Die anderen Übungsleiter kapitulieren gänzlich: Lyon sei noch stärker als im letzten Jahr (Francis Gillot, RC Lens). Sie seien die Besten weit und breit (Jean Fernandez, AJ Auxerre). Und so weiter. – Klar, sind die 110 Millionen Jahresetat ein gewichtiges Argument; natürlich, ist diese Siegesserie beispiellos in Europas Spitzenklassen; aber gibt es nicht irgendwo noch Hoffnung für die Fans, die mehr Spannung einfordern und ein offenes Meisterschaftsrennen bis zum Schluss sehen wollen? Kann es da ein kleiner Trost sein, dass Lyon als einziger Eliteklub der G14 noch keinen internationalen Titel geholt hat? Nicht wirklich.
...und wer will nochmal?
Daran könnten sich allerdings die Kicker aus Monaco aufrichten. Zur Erinnerung: Noch vor zwei Jahren, war der Verein so nah an Europas begehrtestem Henkeltopf – erst im Finale der Champion League verlor der Fürstenstaat gegen Porto. Was wäre das für ein demütigender Triumph gewesen: Lyon, der Großmeister der Ligawettbewerbe, scheitert nämlich jedes Jahr aufs Neue an Europa; und die Kleinen aus Monaco, ausgerechnet die landen den unverhofften Coup! Vorschlag: Um die verkorkste, letzte Saison vergessen machen zu lassen, sollte ein motivierender Blick auf das Geleistete und ein mutiger nach vorne helfen. Jan Koller und Denilson, die beiden Neuzugänge, werden dann hoffentlich für den Rest sorgen und die französische Ligue 1 wieder mit Spannung beleben.
Paul Linke/11Freunde-Redaktion
Das Lächeln eines Kindes, das auf eine Mine getreten ist, sollte uns allen Dank genug sein.
— Ansgar Brinkmann zum Thema ,,Kampf gegen Landminen."