Werder Bremen leistete sich eine ausgedehnte Findungsphase, um schließlich doch noch das angestrebte Ziel zu erreichen. Immerhin: Die Moral der Mannschaft war 100-prozentig - der Leistungsstand aber längst noch nicht.
Prödls Kopfball nach einer Werder-Ecke war zwar die erste gute Torchance der Partie (4., knapp rechts vorbei), doch dann verlagerte sich das Geschehen in die andere Spielhälfte. Binnen fünf Minuten machte Sampdoria den Rückstand aus dem Hinspiel wett und zeigte bei seinen Treffern das katastrophal träge Defensivverhalten der Bremer gnadenlos auf. Pazzini hatte sowohl bei seinem Kopfballtreffer (8.) wie auch der Volleyabnahme einer Stankevicius-Flanke (13.) alle Freiheiten, die ein Stürmer sich nur wünschen kann. Die Schockstarre der Grünweißen wich nur langsam, wirklich zwingende Antworten auf den Rückstand blieb man bis zur Pause schuldig. Genua hätte durchaus noch höher führen können: Fritz stoppte einen Kopfball Pazzinis jedoch auf der Linie (40.) und Wiese parierte mit einer Fußabwehr einen Schuss des rechts im Strafraum völlig frei stehenden Cassano (44.).
Ganz langsam fand Werder zu einem besseren Zusammenspiel, war aber zunächst noch weit davon entfernt, den Gegner beeindrucken zu können. Thomas Schaaf versuchte, durch Auswechselungen neue Impulse einzubringen - Arnautovic (63.) und Boenisch (79.) ersetzten Borowski und Pasanen. Zum großen Wurf wurde allerdings ein durch widrige Umstände erzwungener Personaltausch: Wagner musste nach einem üblen Ellbogencheck Gastaldellos außerhalb des Feldes behandelt und mit einem „Turban“ ausgestattet werden. Aufgrund seines blutverschmierten Trikots durfte der Stürmer jedoch nicht zurück ins Spiel. Ein Ersatztrikot konnte auf die Schnelle nicht herangeschafft werden, also entschied sich Schaaf, den zwar zum Verkauf stehenden, aber wenigstens mit blütenreiner Spielmontur ausgestatteten Rosenberg anstelle Wagners ins Rennen zu werfen (72.). Die kleinen Fortschritte im Bremer Spiel zahlten sich zunächst nicht aus, im Gegenteil. Nachdem Bargfrede das Leder im Aufbauspiel verloren hatte, kam Sampdoria zu einem unerwarteten Gegenstoß, den Cassano zum 3:0 nutzte (85.). Nach wie vor benötigte Werder jedoch erstmal einen Treffer, um die CL-Chancen zu erhalten. Als Arnautovic den Ball in der 90. Minute ganz knapp über Genuas Querbalken gefeuert hatte, blieb den Grünweißen nur noch die Nachspielzeit. Drei Minuten waren fast verstrichen, da wurde Rosenberg rechts an der Strafraumkante eingesetzt. Nach ein paar Schritten mit dem Spielgerät zog er schräg zum Tor stehend ab - das Leder zappelte im linken Eck. Verlängerung.
Endlich, aus grün-weißer Sicht, lief die Partie nach Wunsch. Genua war ausgepumpt, physisch und moralisch. Marin, der sich stetig steigerte, war nicht mehr zu halten. Auch Arnautovic hatte zugelegt und legte für Marin auf, als dieser in der 93. Minute den Querbalken traf. Einmal mehr war es indes Pizarro vorbehalten, der, nach Marins genialer Vorbereitung, mit seiner Treffsicherheit die Bremer rettete. Mit einem scharfen Schuss, flach ins rechte Eck, schuf er den 2:3-Endstand, der seinem Team den Champions League-Einzug sicherte (100.).
André Schulin
Wir hatten mehr Chancen than the Inter Milan
— Huub Stevens