In einer packenden Begegnung auf hohem Niveau erreichte Polen gegen die favorisierten Russen ein verdientes Unentschieden. Russland brauchte einen Standard, um in Führung zu gehen und kontrollierte danach die erste Halbzeit. Nach dem Seitenwechsel kämpfte sich Polen zurück in die Partie und kam zu einem sehenswerten Ausgleichstreffer.
Dass es bereits im zweiten Gruppenspiel um einiges ging, zeigten die jeweiligen Anhänger Polens und Russlands bereits vor dem Spiel. Ausschreitungen rund um das Stadion wurden von der Warschauer Polizei nur mühsam gestoppt. Vor und auch während Beginn der Partie provozierten sich Fans beider Lager und gingen aufeinander sowie die Gesetzeshüter los. Auf dem Platz ging die Sbornaja nach dem Auftaktsieg über Tschechien als Favorit in die Begegnung mit Polen und konnte mit einem Sieg bereits das Erreichen des Viertelfinales feiern; der Gastgeber brauchte nach dem Remis im ersten Spiel dringend Punkte. Dabei musste Trainer Smuda auf seinen Stammtorhüter Szczesny verzichten, der im Auftaktspiel vom Platz gestellt und nun von Tyton vertreten wurde. Außerdem spielte Dudka im Mittelfeld von Anfang an, Rybus nahm dafür auf der Bank Platz. Russlands Coach Dick Advocaat sah nach dem überzeugenden Erfolg im ersten Spiel keinen Grund, seine Anfangsformation zu ändern und trat weiterhin mit drei Stürmern an.
Unter der Leitung des deutschen Schiedsrichters Wolfgang Stark begann Polen defensiv, ließ die Russen kommen und setzte vor allem auf Konter. Die erste gute Chance hatten dann jedoch die Polen, als die russische Abwehr nach einem Freistoß von Obraniak nicht klären konnte. Mit dem Knie brachte Boenisch den Ball in Richtung Malafeev, der stark reagierte (7.). Der EM-Gastgeber wirkte bei weitem nicht so nervös wie noch gegen Hellas, bestes Beispiel dafür war ein Schuss von Lewandowski in der elften Minute. Im direkten Gegenzug hatte Smudas Elf dann Glück, dass es keinen Strafstoß gegen sie gab, als Perquis im Sechzehner zur Grätsche ansetzte. Die Russen versuchten es vor allem mit Pässen in die Schnittstellen der polnischen Abwehr, Polen hielt mit viel Einsatz und vielen Bällen auf Lewandowski dagegen. Nach rund zwanzig Minuten kam Polen dem Tor etwas näher, Russland blieb mit seinem schnellen Kombinationsspiel jedoch immer gefährlich. Meist war es Arshavin, der entweder kurz vor dem Strafraum zum Mitspieler durchstecken wollte oder sich außen stark durchsetzte, einen Abnehmer fand er jedoch vorerst nicht. Was spielerisch zunächst nicht klappen wollte, schaffte Russland dann in der 37. Minute dank einer Standardsituation: Arshavin brachte den Ball von der linken Seite per Freistoß in den Strafraum, dort hatte Dzagoev zu viel Platz und köpfte gegen den chancenlosen Tytov ein. Keine fünf Minuten später rettete Wasilewski knapp vor dem erneut zum Einschuss bereit stehenden Torschützen. Gegen Ende der ersten Halbzeit geriet die polnische Elf noch einmal gehörig unter Druck, rettete den knappen Rückstand jedoch in die Pause.
Hellwach eröffneten die Polen die 2. Halbzeit, aber Lewandowski kam nach einem feinen Pass von Polanski nicht an Keeper Malafeev vorbei. Nach dem darauf folgenden Eckball köpfte Perquis über das Tor (46.). Vier Minuten später rettete Malafeev erneut in höchster Not gegen Lewandowski; der Stürmer von Borussia Dortmund war brandgefährlich. Kurz vor Ablauf der vollen Stunde passte Boenisch gut auf, als er einen russischen Tempogegenstoß unterband. Den direkten Konter spielte Piszczek klasse auf Blaszczykowski, dieser ließ von rechts außen kommend zwei Gegenspieler stehen und zog aus vollem Lauf mit links ab. Malafeev hatte beim perfekt getroffenen Schuss des Kapitäns keine Chance und es stand 1:1 (57.). Russland reagierte mit zunächst stockender Offensive, dann war es erneut Dzagoev, der mit einem Schuss nur knapp scheiterte (66.). Wieder im erneuten Gegenzug hätte Blaszczykowsi fast seinen zweiten Treffer erzielt, als er sich durch die russische Abwehr wuselte. Erst bei Keeper Malafeev war Schluss für „Kuba“. Eine knappe Viertelstunde vor Schluss war Polen die bessere, weil mutigere und aktivere Mannschaft. Advocaat hatte zwar Pavlyuchenko für Kershakov gebracht, doch der Stürmer von Zenit St. Petersburg kam kaum zum Zug, weil sein Team in der letzten Viertelstunde vor allem defensiv gefordert war. So auch in der 80. Minute, als eine Ballstafette über Blaszczykowski und Lewandowski bei Obraniak endete, doch sein Abschluss war zu schwach, um Malafeev wirklich in Bedrängnis zu bringen. Zum Ende der Partie hatte die Sbornaja zwar mehr Ballbesitz, ließ aber den letzten Zug zum Tor vermissen. Polen hielt weiter dagegen und bot vor allem läuferisch ein sehr gutes Spiel. Vor den Toren passierte jedoch nichts mehr und somit hatten beide Mannschaften weiterhin die Möglichkeit, über die Gruppenphase hinaus im Turnier zu bleiben.
Lisa Ramdor
Kompliment an meine Mannschaft und meinen Dank an die Mediziner. Sie haben Unmenschliches geleistet.
— Berti Vogts