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Pokalgeschichten: Als Charly ohne Hose vor 15.000...

von Günther Jakobsen21:10 Uhr | 10.05.2002

Als am Sonntag, dem 8. Dezember 1935 das erste Finale des DFB-Pokals angepfiffen wurde, herrschte im Düsseldorfer Rheinstadion heftiges Schneetreiben. Obwohl der Niederschlag nach einer halben Stunde nachließ, war aufgrund des weiterhin dunklen Himmels klar, dass das Spiel nicht in die Verlängerung gehen durfte, denn ohne Flutlicht hätten es Zuschauer und Spieler nicht einfach gehabt, die Nachspielzeit vernünftig mitzuverfolgen. Doch der 1. FC Nürnberg siegte gegen Schalke innerhalb der 90-Minuten-Spielzeit mit 2:0 und so fand nur die Siegerehrung des Clubs unter dämmrigen Lichtverhältnissen statt.

Auch vier Jahre später, als Rapid Wien das Finale gegen FSV Frankfurt mit 3:1 für sich entscheiden konnte, hatten Schnee und Eisregen für äußere Verhältnisse gesorgt, die für diese Jahreszeit (Januar 1939) zwar üblich, aber für ein Finale wenig einladend waren. So gelang es nicht rechtzeitig, die oberen Ränge vom Schnee zu befreien. Statt 80.000 konnte somit nur 40.000 Zuschauer ins Stadion gelassen werden.

Erst 1953, als zum zehnten Mal und nach neunjähriger Pause das Finale wieder in Düsseldorf stattfand, hatten die Verantwortlichen einen angemesseneren Termin für das Pokal-Endspiel gefunden, den 1. Mai. Es war übrigens Jung-Nationalspieler Helmut Rahn, dessen Treffer zum 2:0 für Rot-Weiß Essen „(…) bei der Affenhitze“ (Essens Läufer Heinz Wewers), die Vorentscheidung bedeutete. Endstand gegen Alemannia Aachen: 2:1 für Essen.

Kuriose Pokalgeschichten gab es nicht nur im Finale. So wollte sich der Essener Verteidiger Karl-Heinz Mozin 1959 im Halbfinale zwischen dem Hamburger SV und Schwarz-Weiß Essen für den verletzten Keeper mit freiem Oberkörper in den letzten Spielminuten der Verlängerung in den Kasten stellen, womit Schiri Sparing nicht einverstanden war. Der Pfeifenmann schlüpfte aus seiner Jacke und hielt sie dem Barbrüstigen mit einem „Anziehen, aber sofort!“ hin. Der Ersatzkeeper gehorchte aufs Wort und riss zwei Minuten vor Schluss bei einer „Notbremse“ HSV-Stürmer Charly Dörfel mit einem Ruck die Hose herunter, so dass der Angreifer „unten ohne“ dastand und vor Scham vergaß, das Leder in leere Tor zu bugsieren. Essen siegte mit 2:1 und entschied auch das Endspiel in Kassel gegen Borussia Neunkirchen mit 5:2 für sich.

Unvergessen auch das Finale am 23. Juni 1973 zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln. Gegen die Meinung seiner Spieler und aller Beobachter ließ Gladbach-Coach Hennes Weisweiler seinen schon nach Real Madrid transferierten Mittelfeldstar Günter Netzer bis in die Verlängerung auf der Reservebank schmoren. Der grandiose Schlagabtausch in Düsseldorf bot trotz „tierischer“ Hitze ein Werbespiel für den Fußball. Kaum ein Angriff der temporeichen Partie wurde ohne Torschuss abgeschlossen. Spätestens als Heynckes beim Stande von 1:1 einen Elfmeter verschossen hatte, verlangten die Fans nach dem sicheren Schützen Netzer. Dieser fragte in der kurzen Pause vor der Verlängerung seinen Mitspieler Christian Kulik: „Christian, ich sehe es dir doch an, du kannst nicht mehr. Komm, setz dich auf die Bank, ich spiele für dich weiter.“ Kuliks Antwort: „Okay!“ Dickschädel Weisweiler nahm diese selbstorganisierte Einwechslung Netzers stillschweigend hin und sah zwei Minuten später, wie Netzer mit wehenden Haaren auf den Kölner Strafraum zustürmte, mit Bonhof einen Doppelpass spielte und den Ball mit dem linken Fuß in den Winkel des Kölner Gehäuses hämmerte.

Blutiger ging es am 1. Mai 1982 im Finale zwischen Bayern München und dem 1. FC Nürnberg im Frankfurter Waldstadion zu. In der 13. Minute waren Nürnberg Reinhardt und Bayerns Dieter Hoeneß mit den Köpfen zusammengeprallt. Hoeneß konnte aufgrund einer klaffenden Platzwunde nur mit „Turban“ weiterspielen. In der Pause bekniete ihn sein Bruder Ulli, sich bei dem Spielstand von 0:2 nicht auswechseln zu lassen. Dieter machte „frischgenäht“ (ohne Betäubung) weiter. Bayern drehte das Spiel und erreichte eine 3:2-Führung. Dieter Hoeneß war es vorbehalten mit einem seiner berüchtigten Kopfball(!)tore zum 4:2 den Schlusspunkt zu setzen. „Das ist der wichtigste Sieg in meiner Laufbahn“, jubelte der blutverkrustete Turbanträger nach dem Spiel. Unvergessene Pokalgeschichte(n).

Franz Heck

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Früher habe ich Sprints im Hotelzimmer gemacht. So beknackt war ich.

— Jürgen Röber bei seinem Bundesliga-Abschied in Richtung Kanada.