Portugal: Spätestens im Achtelfinale droht das Aus

von Günther Jakobsen13:33 Uhr | 11.06.2010

Als Trainer der U20-Weltmeister der Jahre 1989 und 1991 ist Carlos Queiroz der Vater der Goldenen Generation Portugals. Mit der A-Nationalmannschaft tut er sich dagegen auch im zweiten Anlauf schwer. Schon der Einzug ins WM-Achtelfinale wäre ein Erfolg.

Bereits von 1991 bis 1993 betreute Queiroz die Seleccao das Quinas einmal, verpasste mit ihr jedoch die WM 1994. Zwischenzeitlich schien die Qualifikation für die diesjährige Weltmeisterschaft ebenfalls in weite Ferne gerückt. Der Tiefpunkt war das 0:0-Unentschieden gegen Albanien im Oktober 2008, als die Iberer im heimischen Braga selbst gegen zehn Fußballzwerge kein Tor erzielen konnten. Einen Monat später verloren sie ein Freundschaftsspiel in Brasilien mit 2:6. Danach blieb Portugal allerdings in der Qualifikation (4 Siege, 2 Remis) ungeschlagen. Die Dänen erhielten zwar das Direktticket nach Südafrika, die Portugiesen dafür aber die Möglichkeit, an der Relegation teilzunehmen, in der sie sich, wenn auch nur knapp, gegen Bosnien-Herzegowina (1:0, 1:0) durchsetzten.

Nicht nur die Ergebnisse sprechen gegen Queiroz, sondern auch der Fußball, den er spielen lässt. Unter ihm agiert der WM-Vierte von 2006 deutlich defensiver als in der Ära des beliebten Vorgängers Scolari. Der ehemalige Assistent von Sir Alex Ferguson setzt auf eine sichere Abwehr und Konterangriffe. Das behagt dem wichtigsten Portugiesen, Cristiano Ronaldo, jedoch nicht, der zuletzt im Nationaltrikot nicht an die Leistungen bei Real Madrid anknüpfen konnte. In der Qualifikation erzielte er kein einziges Tor.

Ronaldo ist der Kapitän, allerdings auch der viertjüngste Spieler im Kader, der ein Durchschnittsalter von 27,8 Jahre hat. Eines der größten Talente, Manchester Uniteds Nani, fällt zudem mit einer Schulterverletzung für die WM aus. Aber am deutlichsten äußert sich das portugiesische Nachwuchsproblem im Sturm, dessen Besetzung schwer fällt, obwohl Queiroz nur mit einem Stoßstürmer spielen lässt. 2009 wurde sogar mit dem mittlerweile 32-jährigen Angreifer Liedson (Sporting Lissabon) der dritte Brasilianer eingebürgert - gegen den Willen heimischer Fußball-Legenden wie Luis Figo. Die anderen beiden gebürtigen Südamerikaner sind jedoch Korsettstangen in der Seleccao das Quinas. Abräumer Pepe (Real Madrid) kehrte allerdings gerade erst nach einer sechsmonatigen Verletzungspause zurück, und Spielmacher Deco (FC Chelsea) scheint seinen Zenit überschritten zu haben.

Der Nationaltrainer ließ das 23 Jahre junge Mittelfeld-Talent Joao Moutinho (Sporting Lissabon) ebenso daheim wie den routinierten Torwart Quim vom Meister Benfica Lissabon. Stattdessen nominierte er Portos Reservist Beto und Daniel Fernandes - der in der Winterpause in die griechische Liga zum Tabellenzehnten Iraklis Saloniki verliehen wurde, nachdem er seinen Stammplatz beim VfL Bochum verloren hatte - als Ersatztorleute, weil sie angeblich eine bessere Perspektive hätten.

Queiroz´ Vertrag läuft noch bis 2012. Aber darf der unbeliebte Coach im Amt bleiben, wenn seine Mannschaft bereits in der Vorrunde ausscheidet? Für die Iberer ist es die fünfte WM-Teilnahme. Zweimal erreichten sie das Halbfinale (1966 und 2006). Zweimal schieden sie schon in der Vorrunde aus (1986 und 2002), vielleicht kommt jetzt ein drittes Mal dazu. Die Gruppe G ist die am besten besetzte. Das Auftaktspiel ist gleich das wichtigste, denn der Gegner, die Elfenbeinküste, ist der Konkurrent im Kampf um Platz zwei hinter Brasilien. Nach der Verletzung Drogbas sind Portugals Chancen auf ein Achtelfinalticket gestiegen, dort wäre aller Wahrscheinlichkeit nach Topfavorit Spanien der Gegner und wohl auch Endstation.

Mögliche Aufstellung: Eduardo - Paulo Ferreira, Ricardo Carvalho, Bruno Alves, Fabio Coentrao - Pepe, Raul Meireles - Deco - Simao, Liedson, Cristiano Ronaldo

Senthuran Sivananda



Ich habe mehr Zeit neben Ronaldo verbracht als neben meiner Frau.

— Roberto Carlos, Weltmeister und langjähriger Zimmerkollege von Ronaldo, in der DAZN-Dokumentation ,,El Presidente".