Es war nur ein Test, aber er lieferte die Erkenntnis, dass die DFB-Elf in der Lage ist, dem WM-Turnier optimistisch entgegen zu sehen. Man kam nach einem Rückstand in bemerkenswerter Weise zurück, erspielte zahlreiche Torchancen und offenbarte ein funktionierendes Mannschaftsgefüge.
Nur die Anfangsphase des Testspiels gegen Bosnien-Herzegowina machte Sorgen im Hinblick auf die Verfassung der DFB-Elf kurz vor dem WM-Start. Die Gäste, die in der Relegation an Portugal gescheitert waren, konnten gut damit leben, dass die deutsche Mannschaft die höheren Spielanteile sammelte - gefährlicher war zunächst die Vertretung aus dem Balkan, in der das offensive Bundesligaquartett Dzeko, Ibisevic, Misimovic und Salihovic von Beginn an mitmischte. Vor allem Dzeko beschwor mehrere kitzelige Situationen herauf, bevor ein Lattentreffer Podolskis (9.) die erste gute Möglichkeit der Gastgeber markierte. Bosniens über links vorgetragener Angriff aus der 15. Minute führte dann zum 1:0 der Gäste. Die Deutschen konnten das Leder nicht sauber abwehren, so dass Pjanic die Kugel per Lupfer erneut in den Sechzehner brachte. Lahms Rettungsaktion gegen Dzeko verlief unglücklich. Er kam mit langem Bein gerade noch an den Ball, schoss ihn jedoch gegen Dzekos Brust. Von dort prallte das Spielgerät über Neuer, dem keine Chance blieb, hinweg ins Netz. Mit diesem Rückstand geschlagen, rappelte sich das uneingespielte DFB-Team zu einer Leistung auf, die als Mutmacher für die WM dienen sollte. Schon vor dem Pausenpfiff waren Ansätze erkennbar, das Spiel wenden zu können. Das Duo Schweinsteiger/Khedira im hinteren Mittelfeld funktionierte zunehmend besser. Beide Akteure hätten auch treffen können, doch bei Schweinsteigers Distanzschuss parierte Hasagic (42.), derweil Khediras von Klose - in dessen bester Aktion - gut aufgelegter Schuss durch Mravac geblockt wurde (43.).
Mit der Einwechselung von Müller und Cacau (46.), für Trochowski und Klose, erhielt Löws Auswahl noch mehr Angriffsdynamik. Für das Highlight des Spiels sorgte jedoch der neue Kapitän, Philipp Lahm. Nachdem zuvor Podolski und Cacau das Leder mit kämpferischen Einsatz behauptet hatten, stürmte Lahm aus der Tiefe des Raumes, von mehreren Gegenspielern flankiert, mit dem Leder am Fuß aufs Gästetor zu und zog vom Sechzehner ab. Von der Unterkante der Querlatte knallte der Ball ins Tor, Hasagic hatte keine Abwehrchance (50.). Nur zwei Minuten später brillierten Cacau und Özil mit zwingendem Doppelpassspiel - dem Bremer fehlte lediglich im Abschluss das Glück. Der Querbalken warf die Kugel ins Feld zurück. Das DFB-Team entwickelte nun ein druckvolles Offensivspiel mit guten Tormöglichkeiten, dem die Gäste nur wenig entgegenzusetzen hatten. Ein Distanzschuss Misimovics (63.) - mehr musste Neuer im zweiten Spielabschnitt nicht parieren. Die Einwechselung Marins (70.) bereicherte Deutschlands Angriff nochmals, da Bosniens Abwehr den „Kurvenstar“ mit fairen Mitteln nicht in den Griff bekam. Eigentlich hätten Marin zwei klare Strafstöße zugesprochen werden müssen, Schiri Nicola Rizzoli zeigte jedoch nur in der 72. Minute auf den Punkt, als Jahic den Dribbler zu Fall gebracht hatte. Knapp zwei Meter Anlauf genügten Schweinsteiger, den Elfer sicher in der linken Torhälfte zu platzieren. Fünf Minuten später stand der Münchner erneut im Duell mit Hasagic. Diesmal hatte ein Foul Spahics an Müller den Strafstoß provoziert. In nahezu identischer Manier wie beim ersten Elfer vollendete Schweinsteiger zum 3:1. Ein hoch verdienter Zwischenstand, der bis zum Abpfiff bestenfalls noch hätte ausgebaut werden können. Die Gefahr, das Spiel aus der Hand zu geben, war nicht mehr ansatzweise zu erkennen. Die Abwehr stand sicher, das Mittelfeld harmonierte prächtig und im Angriff bewies Cacau, dass er torgefährlich und in Top-Verfassung ist.
André Schulin
Das interessiert mich wie eine geplatzte Currywurst im Wattenmeer.
— Dieter Eilts