Ruhmloser Abgang

von Günther Jakobsen09:01 Uhr | 17.06.2008

Bei einer kruden Konstellation hätte Polen dem designierten Gruppensieger noch in die Runde der letzten Acht folgen können, doch spielten weder die Österreicher mit noch reichten die eigenen Hausaufgaben auch nur ansatzweise aus. Mit einem peinlichen 0:1 gegen Kroatiens Reserve nahm die Beenhakker-Elf ihren Hut.

Zwei Siege und das sichere Ticket fürs Viertelfinale nahm Slaven Bilic zum Anlass, seine Mannschaft komplett auf links zu krempeln. Ivan Rakitic und Danijel Pranjic kamen nicht etwa neu hinein, sondern waren die einzigen, die aus der Anfangself gegen Deutschland noch übrig geblieben waren; den Angriff bildeten mit Petric und Klasnic nun zwei Bundesligalegionäre. Nach genau zehn Minuten konnte Polen, das selbst dreifach umgebaut war, diese Resteelf ein erstes Mal bezwingen, als Dudka einen Eckball unweit rechts vorbei setzte. Abgesehen von einem harmlosen Freistoß jedoch (43.) war damit Polens Offensivdrang auch schon beendet. Kaum ein Angriff wurde je vernünftig zu Ende geführt, die einzige Spitze Saganowski baumelte hilflos in der Luft. Alle Würze der Partie kam daher von den Kroaten, die erstaunlich viele Räume auftaten und auch in ihrer für sie selbst befremdlichen Aufstellung teilweise ansehnlich kombinierten. Pranjic (15.) und Vejic (21.) konnten bereits treffen, ehe dann auch Dortmunds Mladen Petric (30.), Ivan Rakitic von Schalke 04 (36.) und vor allem Ivan Klasnic, der alleine vor Polens Bestem, Artur Boruc, auftauchte (34.), gute Chancen auf das 0:1 vergaben. Dass die Beenkakker-Elf noch an das Viertelfinale glaubte, für das es sowohl einen eigenen als auch einen Sieg der Österreicher gebraucht hätte, war bis zum Pausenpfiff nicht zu erkennen.

Schon kurz nach Wiederbeginn fiel dann das einzige Tor des Abends, das dem kroatischen Anhang gar richtig ans Herz ging. Ivan Klasnic hieß der Schütze, der eine Hereingabe Pranjics von links mit einem trockenen Flachschuss vom Strafraumeck verwertete und damit unweigerlich seine persönliche Leidensgeschichte zum Thema machte: Als erster Spieler mit einem Spenderorgan erzielte der Bremer ein Tor bei einer EM (53.). Mit diesem Ereignis änderte sich das Spiel, weil Kroatien erstens allmählich satt war und zweitens Polen nun doch noch auf Offensive umschaltete. Tatsächlich lag ein Ausgleichstor durchaus noch im Bereich des Möglichen, etwa bei einer Doppelchance durch Guerreiro und Saganowski (65./68.) oder auch einem Schuss von Ebi Smolarek, der, gerade erst eingewechselt, nach feiner Einzelleistung stramm am Tor vorbeischoss. Noch eine Minute vor Schluss stand außerdem Zahorski allein vor dem Vedran Runje und vergab. Doch es half nichts mehr. Vollauf verdient feierte Kroatien in seinem dritten Spiel den dritten Sieg und untermauerte so selbst mit einer Reserveelf seine Ambitionen aufs Semifinale. Polen hingegen glitt das Turnier von einem unglücklichen Start am Ende noch ins Peinliche ab. Als ehrloser Gruppenletzter packte das Beenhakker-Team seine Koffer und hatte es nach dieser Partie auch nicht anders verdient.

Maik Großmann



Nein, den Ball habe ich nicht mitgenommen. Ich muss jetzt erst einmal schauen, ob mein Wikipedia-Eintrag auf dem neuesten Stand ist.

— Thomas Delaney nach seinem Dreierpack beim 5:2-Sieg mit Werder Bremen in Freiburg