DFB-Team

Russland will im nächsten Jahr wiederkommen

von dpa07.06.2005 | 17:09 Uhr

Als derzeitiger Dritter der Gruppe 3 in der WM-Qualifikation hat die russische Nationalelf noch einen weiten Weg vor sich, im Sommer 2006 beim Turnier in Deutschland dabei zu sein. In aller Freundschaft kann sich die Elf von Trainer Juri Sjomin vorab beim Testspiel in Mönchengladbach mit dem WM-Gastgeber messen.

Glanzzeit in den 60er-Jahren
In den 60er-Jahren war die russische Fußballwelt noch in Ordnung: 1960 (damals als UdSSR) gewann das Team um Weltklassekeeper Lew Jaschin in Paris die erstmals ausgetragene Europameisterschaft durch einen 2:1-Finalerfolg über Jugoslawien und erreichte vier Jahre später die Endspielteilnahme (1:2 gegen Spanien). 1966, bei der hochklassigen WM in England, scheiterten die UdSSR-Kicker erst im Halbfinale an Deutschland (1:2). Während bei Europameisterschaften immerhin noch zwei weitere Finals erreicht wurden (1972 und 1988), konnten die Fußballer aus dem Riesenreich bei Weltmeisterschaften nur noch selten für Furore sorgen. Dabei liefen immer wieder exzellente Fußballer auf, wie der Ukrainer Oleg Blochin (112 Länderspiele, 42 Tore), dem wohl bekanntesten Feldspieler aus der UdSSR-Ära. Um das Erreichen der WM 2006 nicht zu gefährden, sollte sich Russland (Dritter der Gruppe 3) nicht noch eine derartige Packung erlauben, wie sie die 1:7-Demontage gegen Portugal im Oktober 2004 darstellte. Die höchste Länderspielpleite musste der 1912 ins Leben gerufene russische Fußballballverband allerdings in seinem Gründungsjahr verdauen: eine 0:16-Niederlage gegen die DFB-Auswahl. Die Gesamtbilanz weist die Deutschen ebenfalls als eindeutigen Sieger aus: In 16 Vergleichen gab es zwölf deutsche gegenüber nur drei russischen Siegen, plus ein Remis.

Veränderung durch Sponsoring
Der russische Vereinsfußball konnte jüngst seinen größten Erfolg auf internationaler Ebene feiern: den Uefa-Cup-Titelgewinn ZSKA Moskaus im Finale gegen Sporting Lissabon. Der Sieg ist noch höher zu bewerten, da die Portugiesen Heimrecht besaßen. Dass Brasilianer (Vagner Love, Dudu, Carvalho), Argentinier (Ferreira) und Nigerianer (Odiah) für einen russischen Klub auflaufen, wie bei ZSKA, ist erst seit kurzem und durch das Auftauchen von Sponsoren wie Öl-Magnat Roman Abramovich möglich geworden, der hauptsächlich durch sein Engagement beim englischen Meister FC Chelsea für Schlagzeilen sorgte, aber auch ZSKA unterstützt. In der ersten russischen Liga konnte sich allerdings Lokomotive Moskau gegen den Ortsrivalen ZSKA durchsetzen und führt auch aktuell (nach zehn Spieltagen) die Tabelle an.

Sjomin als Lok-Führer der Nationalelf?
Seit April 2005 hat die russische Nationalelf einen neuen Trainer: Juri Sjomin, der dem zurückgetretenen Georgy Yartsev nachfolgte. Yartsev hatte das Handtuch geworfen, als mit Vitali Mutko ein neuer Verbandspräsident gewählt wurde, der den Trainer hart kritisierte und dessen Ablösung forderte. Als neuer Mann - vorläufig bis zum Abschluss der WM-Qualifikation - kam Sjomin, der sich als Coach von Lok Moskau einen Namen machte (Meister 2002 und 2004, vier Mal Pokalsieger). Auch deshalb ist im Spiel gegen Deutschland eine starke Fraktion des russischen Meisters in der Startelf zu erwarten: Ovchinnikov (Tor), Evseev, Sennikov (Abwehr), Loskov, Izmailov (Mittelfeld) und Sychev (Sturm). Akteure des viel beanspruchten Uefa-Cup Siegers ZSKA könnten zu Teilzeiteinsätzen kommen. Dieses Schicksal ist Mittelfeldmann Alexei Smertin nur zu gut bekannt, der beim FC Chelsea nicht über ein Reservistendasein hinauskam (16 Saisoneinsätze, nie über die volle Distanz). Ein anderer Legionär könnte sein Comeback im Mittelfeld der russischen Elf feiern: Sergei Semak, der bei Paris Saint-Germain unter Vertrag steht.

André Schulin