Saison 1971/72: FC Bayern bändigt Königsblau (Teil I)

von Günther Jakobsen17:59 Uhr | 18.07.2009

Deutschland fieberte zwei sportlichen Großereignissen entgegen: 1972 sollten die Fußball-EM in Belgien sowie die olympischen Sommerspiele in München stattfinden. Vor diesem Hintergrund drohte die Attraktivität der durch den Bundesligaskandal geschädigten Erstliga zu verblassen, doch dank des unerwartet bis zum Schluss in den Titelkampf involvierten Außenseiters FC Schalke 04, eines zu Höchstform auflaufenden Torjägers Gerd Müller und dem Interesse am Werdegang der Bremer “Millionenelf” eroberte sich die höchste deutsche Spielklasse die Aufmerksamkeit ihrer Fans zurück.

Die Neulinge Der Großteil der Experten erwartete in den Spielen der Bundesliga-Aufstiegsrunde ein Süd-West-Duell; wie gewohnt qualifizierten sich die Sieger zweier Gruppen (jeweils fünf Teams) für die höchste Spielklasse. Tatsächlich aber erwiesen sich die Kandidaten aus der Regionalliga West ihren Mitbewerbern in beiden Gruppen als klar überlegen und zogen jeweils mit einem Punktverhältnis von 14:2 in die Bundesliga ein. Westmeister VfL Bochum hatte es in Gruppe 1 mit dem VfL Osnabrück, FK Pirmasens, dem Karlsruher SC und Tasmania 1900 Berlin zu tun. Die von Hermann Eppenhoff trainierten Bochumer konnten auf eine starke Achse vertrauen: Im Mittelfeld zog Ex-Nationalspieler Werner „Eia“ Krämer die Fäden, im Angriff verbreitete der hoch talentierte Hans Walitza Angst und Schrecken (28 Tore in der Regionalliga) und im Tor stand mit dem jungen Amateur-Nationaltorwart Hans-Jürgen Bradler ein Mann, dem aufgrund seiner Reaktionsfähigkeit eine große Zukunft zugetraut wurde. Vor allem aber war der Mannschaftsgeist intakt. Im Auftaktspiel beim VfL Osnabrück mussten die Bochumer schon ab der 29. Minute zu zehnt auskommen, da Galeski wegen eines Zurufs an den eigenen Keeper (!) vom Platz gestellt wurde. „Langer, den hältst du“, ermunterte er Bradler, der sich einem Osnabrücker Strafstoß stellen musste. Der Schiri, der Galeski zuvor schon die Gelbe Karte gezeigt hatte, sah darin eine Unsportlichkeit und verwies ihn des Feldes. Bradler hielt nicht, trotzdem ging Bochum mit einem 4:2-Erfolg vom Platz. Die 0:1-Niederlage in Pirmasens blieb ein einmaliger Ausrutscher, alle anderen Spiele wurden gewonnen. So stand der Aufstieg schon vor dem letzten Heimspiel gegen Pirmasens fest. Es schüttete wie aus Kübeln an diesem Tag und Sturmböen jagten durch die Arena. Dennoch ließen es sich 22.000 unentwegte Fans nicht nehmen, mit ihrer Elf den abschließenden 5:2-Erfolg und den Bundesligaaufstieg zu feiern. Nicht minder souverän gewann der Zweitplatzierte des Westens, Fortuna Düsseldorf, die Gruppe 2. Sechs Siege und zwei Unentschieden zeugten von einer nahezu makellosen Bilanz der Fortunen, die lediglich in den Auswärtsspielen bei St. Pauli (1:1) und Borussia Neunkirchen (2:2) Punktverluste kassierten. Vergleichbar mit Bochums Walitza hatte auch die Fortuna mit Reiner Geye einen Stürmer in ihren Reihen, der in der Regionalliga West zuverlässig seine Tore machte (25 Treffer). Geyes Teamkollege Dieter Herzog allerdings mauserte sich in der Aufstiegsrunde mit sechs Treffern zum besten Düsseldorfer Stürmer. Gut besetzt waren die Fortunen zudem mit den Schlussleuten Wilfried Woyke und Bernd Franke. Letzterer wechselte nach Abschluss der Aufstiegsspiele zu Eintracht Braunschweig, wo er Stammkeeper Horst Wolter verdrängte. Der Aufstiegskampf war schnell entschieden. Mit fünf Siegen in den ersten fünf Begegnungen hatte das Team von Heinz Lucas sein Ziel quasi schon erreicht. Borussia Neunkirchen, der FC St. Pauli, Wacker 04 Berlin und unvermutet auch der als Gruppenfavorit geltende 1. FC Nürnberg waren der Düsseldorfer Spielkunst nicht gewachsen.

Lästige Altlasten
Die Aufräumarbeiten anlässlich des in der Vorsaison aufgedeckten Bundesligaskandals waren längst noch nicht abgeschlossen. Im Klartext: Zum Saisonstart hatte die DFB-Gerichtsbarkeit um ihren Chefermittler Hans Kindermann noch alle Hände voll damit zu tun, den Gesamtumfang der Korruptionsvergehen zu erfassen. In unerfreulicher Eintracht wetteiferten daher die sportlichen Schlagzeilen der Bundesliga mit den neuesten Erkenntnissen in der Bestechungsaffäre um die besten Plätze in der Sportpresse. Vorsorglich hatte der DFB darauf hingewiesen, dass nicht nur weitere Suspendierungen einzelner Spieler und anderer Beteiligter denkbar waren, auch Lizenzentziehungen für schuldig befundene Vereine schwebten drohend wie das viel zitierte Schwert des Damokles über der Liga. In der Rückserie schließlich, im Februar 1972, fiel die Klinge und trennte Arminia Bielefeld vom Rest des Feldes ab: Die ausstehenden Spiele der Serie wurden zwar noch ausgetragen, allerdings war der Zwangsabstieg der Ostwestfalen beschlossene Sache. Formgerecht, den Paragraphen 22 und 14 folgend, führten Arminias Verfehlungen zu Lizenzentzug und Rückversetzung auf den letzten Tabellenplatz zum Saisonende. Gemäß den Statuten war ursprünglich vorgesehen, dass alle ausgetragenen Spiele der Bielefelder komplett aus der Wertung fallen sollten. Dies änderte man jedoch dahingehend, dass nur das Konto der Arminia auf Null gestellt wurde. Bei den Konkurrenten flossen die jeweiligen Resultate in die Wertung ein. Auf den Toto-Wettscheinen wurden Spiele mit Bielefelder Beteiligung bereits seit dem November 1971 nicht mehr berücksichtigt.

André Schulin

Bundesliga Chronik



Bayern München ist nicht Fußball. Es ist eine Abart von Fußball.

— Trainerlegende Felix Magath bei ,,Markus Lanz" zur Dominanz des FC Bayern München in der Bundesliga.